Wer sich als IT-Experte selbständig macht, muss sich mit viel Papierkram und offenen Fragen herumschlagen: Welche Rechtsform sollte ich wählen? Welche Steuern muss ich zahlen? Welche Versicherungen brauche ich? Möglichst früh sollten IT-Dienstleister klären, ob sie als Freiberufler tätig sind oder ein Gewerbe anmelden müssen. Denn wer sich einen möglichen Freiberufler-Status entgehen lässt, nimmt etliche Nachteile in Kauf.
Steuerliche Vorteile als IT-Freiberufler
Im Gegensatz zu Freiberuflern müssen die meisten Gewerbetreibenden Gewerbesteuer zahlen. Diese wird zwar mit der Einkommenssteuer verrechnet. Je nachdem, wie hoch der örtliche Gewerbesteuersatz ausfällt, bleibt am Ende trotzdem netto oft weniger übrig als bei einer freiberuflichen Tätigkeit. Daher ist es für Programmierer, Software-Entwickler, Systemadministratoren oder IT-Berater relevant, ob sie Freiberufler sind oder ein Gewerbe anmelden müssen.
Umsatzsteuer müssen alle zahlen (Ausnahme: Kleinunternehmer mit max. 17.500 Euro Jahresumsatz). Freiberufler können hier jedoch auf Antrag von der Ist-Besteuerung profitieren: Dann müssen sie Umsatzsteuer stets erst dann abführen, wenn die Einkünfte tatsächlich auf ihrem Konto eingegangen sind. Bei Gewerbetreibende greift dagegen die Soll-Besteuerung: Sobald sie eine Rechnung stellen, müssen sie in Vorleistung gehen und die Umsatzsteuer ans Finanzamt zahlen.
Aufwändigere Buchhaltung beim Gewerbe
Auch bei der Buchhaltung sind Freiberufler im Vorteil: Für sie reicht eine einfache Einkommensüberschussrechnung aus, bei der sie Einnahmen und Ausgaben gegenüberstellen. Gewerblich tätige IT-Experten müssen für ihre Steuererklärung eine Bilanz erstellen, sobald ihr Jahresumsatz 600.000 EUR oder ihr Gewinn 60.000 EUR pro Jahr überschreitet. Sie sind damit zu einer deutlich aufwändigeren Buchhaltung verpflichtet, der sogenannten „doppelten Buchführung“.
Ein weiterer Unterschied zwischen Freiberuflern und Gewerbetreibenden: Letztere sind automatisch Pflichtmitglied in der örtlichen Industrie- und Handelskammer. Dafür wird in der Regel ein Jahresbeitrag fällig.
Wann gelten IT-Experten als Freiberufler?
Wann IT-Dienstleister als freiberuflich oder als gewerblich tätig einzustufen sind, ist leider nicht klar definiert. IT-Experten gehören nicht zu den sogenannten Katalogberufen, die laut Einkommenssteuergesetz automatisch den Freiberufler-Status erhalten (wie etwa Ärzte, Steuerberater oder Ingenieure). Sie haben jedoch die Möglichkeit, als katalogähnlicher Beruf eingestuft zu werden, etwa in Anlehnung an den beratenden Betriebswirt oder – deutlich häufiger – den Ingenieur.
Gemäß der Rechtsprechung zeichnet sich eine „ingenieurmäßige“ Tätigkeit unter anderem durch die Planung, Konstruktion und Fertigung technischer Werke oder überwachende, kontrollierende und rein beratende Tätigkeiten aus.
Zwei Voraussetzungen müssen hierfür gegeben sein:
- Sie müssen über eine einschlägige Berufsausbildung verfügen (z.B. einen Studienabschluss als Informatiker) oder gleichwertige Kenntnisse nachweisen können (was allerdings sehr schwierig und aufwändig sein kann).
- Sie müssen die betreffende Tätigkeit auch tatsächlich ausüben.
Eine wichtige Einschränkung: Eindeutig gewerbliche Nebentätigkeiten sind nicht erlaubt. Selbst wer nur gelegentlich Geräte oder Technik verkauft und somit Handel betreibt, verliert dadurch seinen Freiberufler-Status und muss ein Gewerbe anmelden.
Anerkannte Tätigkeiten von IT-Freiberuflern
Zahlreiche Gerichtsprozesse haben sich bereits mit dem Unterschied zwischen Freiberuflern und Gewerbetreibenden im IT-Bereich befasst. Folgende ingenieurähnliche Tätigkeiten wurden bereits rechtlich als freiberuflich anerkannt:
- Entwicklung und Konstruktion von Hard- oder Software sowie Implementieren und Betreuen von Software
- Entwicklung von Betriebssystemen und ihre Anpassung an Kundenbedürfnisse
- Rechnergestützte Steuerung, Überwachung und Optimierung industrieller Abläufe
- Aufbau, Betreuung und Verwaltung von Firmennetzwerken und -servern, Netz- und Systemadministration
- Beurteilung der Leistungsfähigkeit von Rechnernetzen
- Anpassung vorhandener Systeme an spezielle Produktionsbedingungen und Organisationsstrukturen
- Bereitstellung qualifizierter Dienstleistungen, z.B. Benutzerservice und Schulung
- Beratung und Anfertigung von Entwürfen und Gutachten
- Fachliche IT-Projektleitung
- Gestaltung von Internetseiten als Webdesigner
Da im Einzelfall die Abgrenzung zwischen freiberuflicher Tätigkeit und Gewerbe schwierig sein kann, sollten sich IT-Dienstleister im Zweifelsfall von einem Steuerexperten beraten lassen.
Verwandte Themen:
- Akquise: So kommen IT-Freiberufler an die richtigen Aufträge
- Wie IT-Experten ihren Stundensatz richtig berechnen
- Wer braucht eine Berufshaftpflichtversicherung IT?
- Werkvertrag oder Dienstvertrag?