Bauteilöffnungen stellen einen rechtlichen sowie finanziellen Sonderfall für den Architekten dar – insbesondere, wenn er als Sachverständiger bzw. Gutachter auftritt. Sie werden in der Regel im Zuge des selbständigen Beweisverfahrens vorgenommen, wenn das Gebäude Mängel oder Schäden aufweist, die anders nicht nachvollziehbar sind. Das ist unter anderem bei Feuchteschäden durch ein undichtes Dach oder undichte Leitungen der Fall. Zu diesem Zweck wird die Bausubstanz beispielsweise aufgebohrt oder ausgegraben, also beschädigt. Für den Architekten als Sachverständigen, der mit dieser Aufgabe betraut werden soll, stellt sich demnach auch die Frage nach der Haftung.
Gerichtliche Uneinigkeit bei der Beauftragung des Sachverständigen
Allgemein lassen sich Fragen nach der Bauteilöffnung nicht abschließend klären. Gerichte bewerten die Pflicht des Bausachverständigen diesbezüglich unterschiedlich. Während beispielsweise das OLG Düsseldorf beschlossen hat, dass Bausachverständige auch ohne richterlichen Beschluss diese Arbeiten durchführen können, setzen andere Oberlandesgerichte eine gerichtliche Zustimmung voraus.
Oftmals weigern sich Sachverständige, die Bausubstanz zum Zweck der Beweissicherung zu öffnen, weil finanzielle und haftungsrechtliche Aspekte nicht geklärt sind. Auch die Beauftragung Dritter, beispielsweise eines Bauunternehmens, möchten sie aus diesem Grund nicht selbst übernehmen. In diesem Fall sind sich die Gerichte ebenfalls nicht einig: Die meisten Lands- und Amtsgerichte vertreten die Ansicht, dass der Sachverständige hierzu nicht gezwungen werden kann. In dem Fall würde die beauftragende Partei die gesamten Risiken tragen.
Bauteilöffnungen und ihre Abdeckung durch die Haftpflicht
Entscheidet sich der Architekt als Sachverständiger dennoch dazu, Bauteilöffnungen vorzunehmen, sollte er im Vorhinein den Haftpflichtversicherungsschutz überprüfen. Risikofrei können nämlich nur Sachverständige eine Öffnung vornehmen, die einen Handwerksbetrieb haben, wodurch ein solcher Fall von der Haftpflichtversicherung automatisch abgedeckt ist. Die Architektenkammer Niedersachsen empfiehlt, unabhängig vom gerichtlichen Beschluss sicherzustellen, dass der Schutz gewährleistet ist.
Die Frage, ob eine Bauteilöffnung durch einen Architekten als Sachverständigen vorzunehmen ist, kann daher immer nur im Einzelfall entschieden werden. Der Sachverständige sollte sich über (Versicherungs-) rechtliche Möglichkeiten und Risiken informieren und erst dann eine Entscheidung treffen.