Durch das kürzlich in Kraft getretene überarbeitete Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll der Arbeitsmarkt wegweisende Veränderung erfahren. Politik, Wirtschaft und Experten sind sich einig, dass die Lücke im Arbeitsmarkt durch gezielte Zuwanderung geschlossen werden muss. Doch was genau hat sich seit der Einführung des Gesetzes im Jahr 2020 verändert und wie beeinflusst es die Beschäftigungslandschaft in Deutschland?
- Reformen und Neuerungen
- Punktesystem und „Blaue Karte EU“
- Flexible Einsatzmöglichkeiten und Westbalkanregelung
- Mögliche Auswirkungen auf die Baubranche
- Herausforderungen und Aussichten
- Standpunkt der Verbände
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Reformen und Neuerungen
Seit März 2020 ist das Fachkräfteeinwanderungsgesetz in Deutschland aktiv. Ursprünglich von der schwarz-roten Koalition ins Leben gerufen, wurde es nun überarbeitet, um den Zuzug qualifizierter Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Staaten zu erleichtern. Die Reform reagiert nicht nur auf die andauernde Notwendigkeit, Fachkräfte zu gewinnen, sondern auch auf die Herausforderungen, die die Corona-Pandemie mit sich brachte. Pau Palop-García vom Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung betont, dass die pandemiebedingten Einschränkungen und der hohe bürokratische Aufwand für Erwerbsmigranten entscheidende Faktoren waren, die die ursprünglichen Ziele des Gesetzes beeinträchtigten.
Das Punktesystem und die „Blaue Karte EU“ im Fachkräfteeinwanderungsgesetz
Die jüngsten Änderungen bringen frischen Wind in die Einwanderungsregelungen. Ab Juni 2024 tritt eine innovative Chancenkarte in Kraft, die auf einem Punktesystem basiert. Dabei fließen Kriterien wie Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Alter und Deutschlandbezug in die Bewertung ein. Ebenfalls neu und bereits jetzt gültig ist die überarbeitete „Blaue Karte EU„, ein Aufenthaltstitel für Nicht-EU-Bürger, die in der EU arbeiten möchten. Die Mindestgehaltsgrenze wurde angepasst und auf 43.800 € abgesenkt, rund 15.000 € niedriger also als die bisherige Mindestgehaltsgrenze, eröffnet so also neue Möglichkeiten für ausländische Fachkräfte.
Flexible Einsatzmöglichkeiten und Westbalkanregelung
Die aktualisierte „Blaue Karte EU“ erweitert nicht nur die Mindestgehaltsgrenzen, sondern ermöglicht auch Führungskräften im Bauwesen den Zugang nach Deutschland. Besonders attraktiv für die Baubranche, verzeichnet das Handwerk eine immense Lücke von 250.000 unbesetzten Stellen. Des Weiteren dürfen Fachkräfte in nicht-reglementierten Berufen nun auch in anderen Branchen tätig werden, was sowohl für Bewerber als auch für Unternehmen neue Perspektiven eröffnet. Die „Westbalkanregelung“ wird entfristet, was Staatsangehörigen aus bestimmten Ländern einen erleichterten Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt ermöglicht. Die Kontingente für die Westbalkanregelung werden im kommenden Juni sogar, von 25.000 hin zu 50.000, verdoppelt, um den steigenden Bedarf an Arbeitskräften aus dieser Region zu decken.
Was sind die möglichen Auswirkungen auf die Baubranche?
Die Reform erleichtert den Zugang qualifizierter Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Staaten, einschließlich Architekten und Ingenieure. Die verstärkte Zuwanderung könnte also eine Vielfalt an Expertisen und Erfahrungen in die Baubranche bringen. Architekten, Ingenieure und andere Fachkräfte aus verschiedenen Ländern könnten so unterschiedliche Herangehensweisen und innovative Lösungen einbringen, was zu einer Bereicherung für die gesamte Branche führen könnte. Die Reform ermöglicht allerdings nicht nur internationalen Führungskräften im Bau den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt, sondern auch Fachkräften in nicht-reglementierten Berufen, wodurch sich der Pool an verfügbaren Fachkräften für verschiedene Tätigkeitsbereiche im Bausektor deutlich erweitern könnte.
Herausforderungen und Aussichten auf dem Arbeitsmarkt
Mit rund 250.000 unbesetzten Stellen im Handwerk und insgesamt 1,7 Millionen offenen Positionen in deutschen Unternehmen steht der Arbeitsmarkt vor erheblichen Herausforderungen. Die Vakanzzeit, um eine Stelle zu besetzen, liegt laut der Bundesagentur für Arbeit derzeit bei durchschnittlich 153 Tagen. Diese hohen Zahlen verdeutlichen die Schwierigkeiten vieler Betriebe, trotz steigender Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung, passende Arbeits- und Fachkräfte zu finden.
Standpunkt der Verbände: Zwischen Unterstützung und Kritik
Während der Zentralverband des Deutschen Handwerks das Fachkräfteeinwanderungsgesetz als wichtiges Signal lobt, weist der Sozialverband Deutschland darauf hin, dass auch für Zugewanderte die Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnraum, Schul- und Kitaplätzen sichergestellt werden muss. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände betrachtet das Gesetz als einen wichtigen ersten Schritt, betont jedoch die Überlastung der Migrationsverwaltung und die langen Wartezeiten für bereits arbeitsvertraglich gebundene Arbeitskräfte.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) verzeichnet eine steigende Nachfrage nach Beratungen zur Fachkräfteeinwanderung. Im vergangenen Jahr stieg die Anzahl der Beratungen um 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf beeindruckende 71.409 an. Schon diese jüngsten Entwicklungen zeigen, dass das Fachkräfteeinwanderungsgesetz einen wichtigen Beitrag zur Anpassung des deutschen Arbeitsmarkts leistet. Mit innovativen Maßnahmen und den nun flexibleren Regelungen öffnet es neue Türen für Fachkräfte aus aller Welt.
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