Eigentlich sollte für Architekten und Ingenieure die Liquidität Grund genug sein, Projekte zügig abzurechnen. Wer sich mit der Rechnungsstellung Zeit lässt, wartet umso länger auf sein Honorar. Dennoch vernachlässigt so mancher im hektischen Büroalltag seine kaufmännischen Hausaufgaben oder versucht, durch geschicktes Timing seine jährliche Steuerpflicht zu optimieren. Das kann riskant werden – denn laut Umsatzsteuergesetz ist die Schlussrechnung innerhalb von 6 Monaten zu stellen (nach Abschluss aller Leistungen).
Die 6-monatige Rechnungsfrist gilt für alle Arbeiten im Zusammenhang mit einem Grundstück, und damit neben klassischen Bauleistungen auch für planerische oder bauüberwachende Tätigkeiten von Architekten, Bauingenieuren oder Fachplanern. Dabei ist es unerheblich, ob der Auftraggeber ein Unternehmen oder eine Privatperson ist: Eine zeitnahe schriftliche Rechnung ist Pflicht.
Gericht vermutet Schwarzarbeit: Architekt verliert Honoraranspruch
Andernfalls liegt der Verdacht auf Schwarzarbeit nahe. Dies kann nicht nur eine Geldbuße von bis zu 5.000 Euro nach sich ziehen. Im schlimmsten Fall gilt der gesamte Planungsvertrag als nichtig und die Architektin oder der Ingenieur verlieren ihren Honoraranspruch. So geschehen in einem Fall, über den das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied (Urteil vom 27.11.2020, Az. 22 U 73/20):
Ein Architekt übernahm Planungsleistungen für eine Baufirma, mit der er schon länger in Geschäftsbeziehung stand. Mit dieser vereinbarte er, dass die Baufirma im Gegenzug Bauleistungen für sein Privathaus erbringen sollte. Erst als dieser Deal platzte, stellte der Architekt doch noch eine Rechnung aus – rund 11 Monate nach Projektende. Seine Honorarklage scheitert: Das Gericht ging von einem bewussten Verstoß gegen das Schwarzarbeits-Gesetz aus und erklärt den Planungsvertrag damit für nichtig. Und ohne gültigen Vertrag hat der Architekt keinerlei Anspruch auf ein Honorar.
Übrigens: Architekten und Ingenieure können als eine von wenigen Berufsgruppen eine Honorarrechtsschutz-Versicherung abschließen. Dies ist sinnvoll, denn Honorarstreitigkeiten gehören zu den häufigsten Auseinandersetzungen ihres Berufsstandes. Verzögert ein Auftraggeber die Zahlung oder weigert sich zu zahlen, kann dies für ein Architekturbüro oder einen Beratenden Ingenieur schnell existenzbedrohend werden. Die Honorarrechtsschutz-Versicherung übernimmt in diesem Fall sämtliche Kosten des Gerichtsprozesses.
Architekten und Bauingenieure: Bis wann Rechnung stellen?
Für Architekten und Ingenieure stellt es somit ein hohes Risiko dar, die Rechnungsfrist zu ignorieren: Wer die 6 Monate überschreitet, begeht eine Ordnungswidrigkeit und riskiert ein Bußgeld. Liegt ein gezielter Rechtsverstoß vor, droht gar der Verlust des Honorars. Auch wenn Ihnen selbst Steuervermeidung fern liegt, sollten Sie mit Bauherren keinen Aufschub der Rechnungsstellung vereinbaren oder die Abrechnung zu lange aufschieben.
Auf die Verjährung des Honoraranspruchs hat die Frist zur Rechnungsstellung allerdings keine Auswirkungen: Die Verjährung beginnt erst mit Ablauf des Jahres, in dem der Planer die prüffähige Rechnung gestellt hat, und beträgt drei Jahre.