Gerade für kleine und mittlere Planungsbüros bietet es sich bei etlichen Projekten an, zusammen mit anderen eine Arbeitsgemeinschaft zu bilden. Als ARGE treten Architekten gegenüber dem Bauherrn gemeinsam auf und erbringen ihre Planungsleistungen in enger Kooperation. Doch um Ausschreibungen und Projekte erfolgreich zu meistern, müssen einige Voraussetzungen erfüllt und Haftungsfragen bedacht sein.
Bei der Wahl der jeweiligen Partner kommt es vor allem darauf an, dass sich Leistungen und Erfahrungen der Büros ergänzen. So kann bei der Erweiterung einer Universität vielleicht ein deutsches Architekturbüro seine regionalen und baurechtlichen Kenntnisse einbringen, während der dänische Partner bereits einige Hochschulen entworfen hat. Architekten und Landschaftsarchitekten können gemeinsam ein neues Wohn- und Freizeitquartier planen oder zusammen mit dem Statiker ein komplexes Brückenbauprojekt.
Vorteile der Arbeitsgemeinschaft
Die genannten Beispiele illustrieren bereits einige der Vorteile, die der Zusammenschluss zu einer Arbeitsgemeinschaft für Ingenieure und Architekten bietet:
- Bei vielen Ausschreibungen ist man als Einzelkämpfer chancenlos – sei es, weil man nicht die erforderlichen Referenzen vorweisen kann oder weil größere Büros bevorzugt werden. Die ARGE bietet kleineren Planungsbüros die Chance, auch an größeren Projekten mitzuwirken.
- Kooperationen helfen, sich selbst neue Geschäftsfelder zu erschließen. Die noch fehlenden (Spezial-)Kenntnisse bringen die Partner mit ins Projekt ein. Und alle können ihr Wissen und ihren Horizont erweitern, wenn bei der Zusammenarbeit unterschiedliche Perspektiven aufeinandertreffen.
- Auch wirtschaftlich kann eine ARGE Sinn machen: Das Ertragsrisiko wird auf mehrere Büros verteilt. Selbst wenn das eigene Architektur- oder Ingenieurbüro einen großen Auftrag allein bzw. mit Subunternehmern stemmen könnte, kann es eine strategische Entscheidung sein, den Erfolg des Büros nicht zu sehr von einem einzelnen Auftraggeber abhängig zu machen.
Neben den Vorteilen bergen Arbeitsgemeinschaften auch einige Nachteile bzw. Risiken. Da ist zunächst einmal der im Vorfeld höhere Abstimmungsbedarf: Wer macht was, wie wird das Honorar verteilt, welchen rechtlichen Rahmen soll die ARGE bekommen usw.? Hinzu kommt, dass man nicht alles selbst in der Hand hat, sondern bestimmte Leistungen die Partner übernehmen, aber dennoch alle nach außen hin gemeinsam haften. Mit der richtigen Vertragsgestaltung sowie entsprechendem Versicherungsschutz lässt sich dieses Risiko jedoch minimieren.
Drum prüfe, wer sich in der ARGE binde…
Zunächst einmal ist bei jeder Arbeitsgemeinschaft wichtig, dass die Partner „gut miteinander können“ und gleiche Vorstellungen von der Zusammenarbeit haben. Denn ist der Vertrag mit dem Bauherrn erst einmal unterschrieben, ist ein Rückzieher einzelner ARGE-Partner nur noch schwer möglich. Sie schulden ihm gemeinsam alle beauftragten Planungsleistungen. Für den Bauherrn stellt dies einen wichtigen Vorteil dar: Zuständigkeitsprobleme, die sonst bei der getrennten Beauftragung von Architekten und Fachingenieuren oft entstehen, werden mit einem Auftrag an eine Arbeitsgemeinschaft vermieden. Solche Fragen müssen die ARGE-Partner dann untereinander klären.
Um Missverständnissen vorzubeugen und Klarheit zu schaffen, ist ein schriftlicher ARGE-Vertrag zu empfehlen. Dieser regelt insbesondere, wer welche Leistungen übernimmt und wie das Honorar aufgeteilt wird. Beim Honorar ist sowohl eine prozentuale Verteilung möglich als auch eine direkte Zuweisung z.B. der HOAI-Vergütungen auf einzelne Partner. Weitere Inhalte des Vertrags können sein:
- der Zweck der ARGE
- die Vertretung der ARGE im Außenverhältnis
- die Verteilung der Haftung im Innenverhältnis
- Regelungen zum Urheberrecht
- Regelungen zur Berufshaftpflichtversicherung
Bei etlichen Architekten- und Ingenieurkammern ist ein ARGE-Mustervertrag als Orientierungshilfe erhältlich.
Entscheiden sich die Partner nicht aktiv für eine andere Rechtsform, ist ihre Arbeitsgemeinschaft automatisch eine GbR. Alle Partner haften dann persönlich für die mangelfreie Erbringung der vertraglichen Leistungen. Der Bauherr kann sich frei aussuchen, wen er im Fall eines Schadens in Haftung nimmt. Erst im Innenverhältnis findet anschließend ein Ausgleich statt. Das bedeutet: Die GbR-Gesellschafter müssen im Worst Case mit ihrem Privatvermögen eintreten, selbst wenn sie den Schaden nicht selbst verursacht haben (gesamtschuldnerische Haftung).
Haftungsrisiken für Architekten, Ingenieure, Fachplaner
Aus diesem Grund ist es unerlässlich, sich schon bei der Gründung einer Arbeitsgemeinschaft zum Versicherungsschutz beraten zu lassen. Soll der Berufshaftpflichtschutz über die laufenden Jahresversicherungen der einzelnen Partner erfolgen, ist besondere Vorsicht geboten.
Ein Beispiel: Im Rahmen eines ARGE-Projekts verursacht der Tragwerksplaner einen hohen Schaden. Der Bauherr verlangt Schadenersatz vom Architekten, der als Gesamtschuldner zunächst für die Kosten aufkommen muss. Anschließend fordert er das Geld vom Tragwerksplaner zurück, der laut ARGE-Vertrag allein für die Tragwerksplanung verantwortlich ist. Der hat jedoch schon länger keine Versicherungsbeiträge entrichtet, weshalb dessen Versicherer nicht zahlen will. Es kommt zu einem jahrelangen Rechtsstreit, in dessen Verlauf der Tragwerksplaner pleite geht. Die Folge: Der Architekt bleibt auf den Kosten, die sein ehemaliger Partner verursacht hat, sitzen.
Die richtige Berufshaftpflichtversicherung für ARGE-Projekte
Solchen Problemen lässt sich auf zwei Arten vorbeugen:
1. Bei der eigenen Berufshaftpflichtversicherung darauf achten, dass sie auch die gesamtschuldnerische Haftung in einer ARGE abdeckt: Im Schadensfall erstattet dann der Versicherer den vollen Anspruch, auch wenn einer der anderen Partner (mit)verantwortlich ist. Das Regressrisiko z.B. durch einen insolventen Gesellschafter trägt ebenfalls der Versicherer.
2. Eine projektbezogene Berufshaftpflichtversicherung abschließen: Mit einer Objektversicherung lassen sich alle ARGE-Partner und ihre Leistungen für das Projekt gemeinsam versichern. Die Beiträge für die laufenden Jahresversicherungen der einzelnen Architekten / Ingenieure / Fachplaner reduzieren sich dadurch in der Regel, da die Umsätze aus dem Projekt nicht mehr gemeldet werden müssen.
Sind alle Voraussetzungen erfüllt, können die ARGE-Partner erfolgreich ins gemeinsame Projekt starten.