Eine Bauvoranfrage, auch kleines Genehmigungsverfahren genannt, ist vor allem dann sinnvoll, wenn die Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens zweifelhaft ist. Der Architekt oder Bauingenieur kann eine Bauvoranfrage stellen, sofern er über eine Vollmacht des Bauherrn verfügt. Die Anfrage soll den Auftraggeber vor unnötigen finanziellen Ausgaben bewahren, da der Architekt so bereits im Vorfeld klären kann, ob eine Baugenehmigung höchstwahrscheinlich erteilt wird oder nicht – und welche Anpassungen ggf. bei der Planung notwendig sind, um die Genehmigungsfähigkeit zu erreichen.
Oft ist es sinnvoll, die Bauvoranfrage bereits vor einem möglichen Grundstückskauf zu stellen, um zu entscheiden, ob gekauft wird und zu welchem Preis.
Wann ein Bauvorbescheid sinnvoll ist
Der Architekt bzw. Ingenieur muss – auch aus Interesse am eigenen Honorar – seine Beraterpflicht gegenüber seinem Auftraggeber erfüllen. Denn berät er den Bauherren nicht umfassend über die Erfolgsaussichten des Bauvorhabens und wird es abgelehnt, kann das Auswirkungen auf seine Honoraransprüche haben. Ist die Genehmigungsfähigkeit von vornherein fraglich, muss der Architekt darauf hinweisen. Eine Bauvoranfrage ist z.B. in folgenden Fällen sinnvoll:
- Das Grundstück liegt in einem Bereich, für den es keinen Bebauungsplan gibt.
- Die Vorgaben des Bebauungsplans sind nicht eindeutig oder nicht mehr umsetzbar.
- Sonderwünsche des Bauherrn oder besondere Umstände erfordern einen Antrag auf Abweichung/Befreiung von bestimmten Vorgaben.
Wie berechnet sich das Honorar für die Bauvoranfrage?
Auch wenn ein Architektenhonorar gemäß HOAI vertraglich vereinbart ist, kann der Planer die Bauvoranfrage frei abrechnen, als „besondere Leistung“. Vorgaben bezüglich der Höhe gibt es hierfür keine. Die Honorierung kann als Pauschale (z.B. 0,2 % der Nettobausumme) oder nach Zeitaufwand (mit fest vereinbartem Stundensatz) erfolgen. Die Kosten sind somit vom Architektenvertrag und dem jeweiligen Bauvorhaben abhängig.
Das Honorar sollte der Architekt schriftlich mit dem Bauherren vereinbaren und mit dem Stellen der Bauvoranfrage so lange warten, bis er den Auftrag gegengezeichnet zurückerhält. Bei unerfahrenen Bauherren empfiehlt es sich, darauf hinzuweisen, dass das Architektenhonorar für die Bauvoranfrage auch dann fällig ist, wenn das Bauamt sie ablehnt.
Als eine von wenigen Berufsgruppen können Architekten und Ingenieure einen Vertrags- und Honorar-Rechtsschutz abschließen. Sie können sich damit gegen die Kosten der häufigsten Rechtsstreitigkeiten ihres Berufsstandes absichern: Honorarstreitigkeiten. Viele Bauherren kürzen Honorare unangemessen oder verweigern die Zahlung gänzlich. Hier hilft eine Honorarrechtsschutzversicherung weiter. Sie übernimmt
- die eigenen Anwaltskosten
- die Gerichtskosten inkl. Entschädigung für Zeugen und Sachverständige
- die Kosten des Prozessgegners, soweit der Versicherte sie übernehmen muss
Leistungen des Architekten/Bauingenieurs
Eine Voranfrage beim Bauamt setzt in der Regel mindestens die Grundlagenermittlung (LPH 1) und einen Vorentwurf (Leistungsphase 2) voraus: Was ist im Bebauungsplan oder in der Bauordnung festgelegt? Welche Wünsche hat der Bauherr und wie lassen sich diese sinnvoll umsetzen? Im Architektenvertrag sollten sowohl diese notwendigen Grundleistungen als auch die Bauvoranfrage als besondere Leistung festgehalten werden.
Die Bauvoranfrage ist in den Bundesländern unterschiedlich geregelt. Grundsätzlich gilt es einzureichen:
- Fragenkatalog (mit allen Punkten, die die Voranfrage klären soll)
- Aktueller Liegenschaftsplan
- Auszug aus dem Baulastenverzeichnis, falls auf dem Grundstück eine Baulast liegt
- Bau- und Nutzungsbeschreibung
- Bauzeichnungen inkl. Lageplan, Schnitte, Ansichten, Plänen zur Wasserversorgung
- Berechnung des Bruttorauminhalts
- Fotos des Baugrundstücks
- ggf. Einverständniserklärung der Nachbarn
- ggf. Antrag auf Ausnahmen/Befreiungen oder Abweichungen
Beim jeweiligen Bauamt kann telefonisch im Vorfeld erfragt werden, ob noch weitere Dokumente erforderlich sind. Die Voranfrage sollte so genau wie möglich ausfallen, da spätere Abweichungen dazu führen können, dass die Baugenehmigung nicht erteilt wird. Zu beachten ist außerdem, dass ein Bauvorbescheid (der bei einer genehmigten Bauvoranfrage erlassen wird) noch nicht zum Bau berechtigt. Meist wird allerdings die Baugenehmigung erteilt, wenn auch schon die Bauvoranfrage positiv entschieden wurde.
In vielen Bundesländern ist der Bauvorbescheid drei Jahre lang gültig. Wurde innerhalb dieser Zeit keine Baugenehmigung beantragt, erlischt er.
Weiterführende Beiträge:
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- Berufshaftpflicht: Welche Deckungssumme benötigen Architekten?