Bei der Berufshaftpflichtversicherung tut Aufklärung Not, schrieb kürzlich ein Architekt an den Informationsdienst PBP. Er ärgerte sich über Kosten, die sein Versicherer in einem Schadenfall nicht übernommen hatte: die Kosten für eine Sanierungsplanung, die nach einem Planungsfehler notwendig war. Der Bauherr hatte einen anderen Planer mit der Nachbesserung beauftragt und dessen Rechnung an ihn weitergeleitet. Nun sollte er auf diesen Schadenskosten sitzen bleiben.
Tatsächlich sind immer wieder Ingenieure oder Architektinnen irritiert, dass der Versicherer zwar eine ganze Reihe von Kosten übernimmt (z.B. für Abriss, Neubau, Vermögensschäden des Bauherrn), nicht jedoch die Planungskosten, die zur Schadensbeseitigung notwendig sind. Das liegt nicht an fiesen Klauseln im Kleingedruckten der Versicherungsbedingungen, sondern ist im Grundprinzip aller Haftpflichtversicherungen begründet: Sie decken gesetzliche Haftpflichtansprüche ab – keine Erfüllungsschäden.
Was ist ein Erfüllungsschaden?
Ein Erfüllungsschaden liegt dann vor, wenn vereinbarte und tatsächlich erbrachte Leistung nicht übereinstimmen. Wer eine mangelfreie Planung verspricht, muss diese auch liefern. Wer einen Planungsfehler nachbessert, kann dafür nicht erneut Honorar (oder Geld von der Versicherung) verlangen. So weit dürfte dies allen einleuchten.
Schwieriger wird es jedoch, wenn ein Dritter die notwendige Umplanung übernimmt. Aus Sicht des Versicherers macht es keinen Unterschied, ob der Erstarchitekt oder ein anderer Planer die erneute Planung, Ausschreibung oder Bauleitung übernimmt, um den Mangel zu beseitigen. In beiden Fällen wird damit lediglich die vertragliche Leistungspflicht des Architekten erfüllt. Der Architekt dagegen will lieber selbst nachbessern (= Nacherfüllung), statt einen anderen dafür zu bezahlen.
Wann haben Planer ein Recht auf Nacherfüllung?
Die entscheidende Frage lautet somit: Wann darf ein Architekt oder eine Ingenieurin selbst nachbessern oder die notwendige Sanierungsplanung übernehmen, also den Erfüllungsschaden wiedergutmachen? Üblicherweise gilt:
- Hat sich ein Planungsfehler noch nicht im Bauwerk manifestiert, so haben Architekten und Ingenieure ein Recht auf Nacherfüllung/Nachbesserung.
- Ist es aufgrund des Fehlers bereits zu Schäden am Bauwerk gekommen, schulden sie Schadenersatz. Sie haben dann meist kein Recht, die Mängel selbst zu beseitigen bzw. durch eine Baufirma ihrer Wahl beseitigen zu lassen.
Unklare Rechtslage bei Nachbesserung von Planungsfehlern
Noch nicht eindeutig geklärt ist, ob Architekten und Ingenieure wenigstens Anspruch darauf haben, die typischen Planungsleistungen einer Sanierung zu übernehmen (die als Erfüllungsschaden nicht versichert sind). Diese Frage haben einige Gerichte bejaht:
- Auftraggeber haben eine Schadensminderungspflicht. Diese kann dazu führen, dass sie den ursprünglichen Architekten zur Planung, Koordination und Überwachung einer Mängelbeseitigung heranziehen müssen (OLG Dresden, Urteil vom 22.03.2012 – 10 U 344/11).
- Im Einzelfall muss der Auftraggeber zwischen den Beseitigungskosten des Baumangels und einer erforderlichen Neuplanung unterscheiden. Für erstere schulde der Architekt Schadenersatz, für letztere eine Nachbesserung (OLG Hamm, Beschluss vom 22.09.2020 – 21 U 92/19).
Allerdings gibt es auch etliche anderslautende Gerichtsurteile. Zudem können im konkreten Fall Gründe gegen ein Nacherfüllungsrecht des Architekten oder Ingenieurs sprechen, z.B. wenn die Bauherrin nach erheblichen Mängeln das Vertrauen in ihn verloren hat (BGH, Beschluss v. 17.5.2017 – VII ZR 222/14).
Praxis-Tipps
Wer sich mit seinem Auftraggeber nicht vollkommen überworfen hat, sollte stets darauf hinwirken, die Nachbesserung eines Planungsfehlers selbst zu übernehmen, um externe – nicht versicherte – Kosten für Planung oder Bauüberwachung zu vermeiden. Ein entsprechendes Nachbesserungsrecht für schadensbedingt erforderliche Planerleistungen lässt sich eventuell im Architekten- bzw. Ingenieursvertrag festschreiben.
Wichtig ist, dass Planer sich im Schadenfall unverzüglich mit ihrem Versicherer in Verbindung setzen. Dieser prüft die Haftpflichtfrage, übernimmt die Abwehr unberechtigter Ansprüche oder zahlt berechtigte Forderungen an den Geschädigten aus. In der Regel verfügen die Versicherer über eine erfahrene Rechtsabteilung, die den Planern zur Seite steht. Mit den Juristen können sie abstimmen, ob und wie sie dem Bauherrn ihre Bereitschaft zur Umplanung anzeigen, ohne ein voreiliges Schuldanerkenntnis zu liefern.
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