Marktüblich ist bei der Berufshaftpflichtversicherung für Architekten, Bauingenieure und Fachplaner eine Selbstbeteiligung von 2.500 Euro. Das heißt, bei jedem Versicherungsfall trägt der Planer 2.500 Euro der Kosten selbst. Eine höhere Summe lässt sich individuell vereinbaren. Diesen Gestaltungsspielraum nutzen viele, um ihre Versicherungsbeiträge zu reduzieren: So lassen sich die Beiträge bei vielen Anbietern um 10 Prozent senken, wenn der Selbstbehalt auf 5.000 Euro steigt. Was viele Architekten und Ingenieure allerdings nicht wissen: Etliche Kammergesetze begrenzen die erlaubte Höhe.
Vorschriften der Architekten- und Ingenieurkammern beachten
So schreiben unter anderem die Architektenkammern in Bayern und Nordrhein-Westfalen und die Berliner Baukammer vor, dass ihre Mitglieder als vertragliche Selbstbeteiligung höchstens 1 % ihrer Versicherungssumme der Haftpflichtversicherung vereinbaren dürfen. Wer somit als Existenzgründer mit 250.000 Euro Deckung für Sach- und Vermögensschäden startet, dessen Selbstbehalt darf 2.500 Euro nicht überschreiten. Jahrelang haben die Architekten- und Ingenieurkammern dies kaum kontrolliert. In letzter Zeit scheinen sie jedoch verstärkt auf die Einhaltung dieser Vorschrift zu achten und reklamieren zu hohe Selbstbehalt-Vereinbarungen bei der Berufshaftpflicht.
Alternative Möglichkeiten, den eigenen Versicherungsbeitrag zu senken, sind
- ein Laufzeit-Nachlass, wenn eine 3-jährige Vertragslaufzeit gewählt wird
- ein Tätigkeitsnachlass, bei dem bestimmte (besonders risikoreiche) Tätigkeiten ausgeschlossen werden
- eine jährliche Zahlung der Beiträge (statt z.B. vierteljährlich)
Selbstbeteiligung der Berufshaftpflichtversicherung rechtzeitig vorm Ruhestand senken
Wer seine Berufshaftpflichtversicherung viele Jahre mit einer erhöhten Selbstbeteiligung hat laufen lassen, sollte das Thema rechtzeitig vor dem Ruhestand überdenken. Als freiberuflicher Architekt oder Ingenieurin kann man die Kosten im Schadenfall als Betriebsausgaben geltend machen. Holt einen im Ruhestand jedoch ein alter Schadenfall ein, tun 5.000 oder 10.000 Euro erheblich mehr weh: Sie sind dann aus dem Privatvermögen zu bezahlen. Aufgrund der langen Nachhaftung empfiehlt es sich, spätestens zehn Jahre vor dem geplanten Ende der Selbständigkeit die Haftpflichtversicherung anzupassen und den Selbstbehalt auf 2.500 Euro zu senken.
Das Kleingedruckte: Wann der Selbstbehalt zu zahlen ist
Beim Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung spielt nicht nur die Höhe der Selbstbeteiligung eine Rolle, sondern auch die Bedingungen, wann und wie oft diese fällig wird. Architekten und Bauingenieure sollten darauf achten, dass sie den Selbstbehalt höchstens zwei oder drei Mal pro Bauwerk zahlen müssen. Denn jeder Planungsfehler zählt als eigener Versicherungsfall. Kommen unterschiedliche Fehler bei einem Projekt zusammen, kann sonst selbst eine niedrige Eigenbeteiligung existenzbedrohende Kosten verursachen. In einem besonders extremen Fall wurden bei einem Großbauvorhaben 180 einzelne Planungsfehler des Generalplaners festgestellt!
In den Bedingungen der Berufshaftpflichtversicherung ist auch geregelt, in welchen Fällen kein Selbstbehalt zu zahlen ist – zum Beispiel bei Personenschäden, Umweltschäden oder beim ggf. mitversicherten Strafrechtsschutz. Auch für die Abwehr unberechtigter Ansprüche muss der Ingenieur oder die Architektin in der Regel nichts selbst zahlen (passiver Rechtsschutz). Für international tätige Planungsbüros gilt dafür außerhalb der EU oft eine erhöhte Selbstbeteiligung von 10.000 Euro pro Versicherungsfall.
Im Zweifelsfall sollten sich Ingenieure oder Architekten unabhängig beraten lassen, welcher Berufshaftpflichtversicherungs-Tarif die für sie günstigsten Bedingungen enthält – nicht nur beim Thema Selbstbeteiligung, sondern vor allem auch bei den mitversicherten Risiken.