Fehler in der Objektüberwachung können Architekten und Bauingenieure teuer zu stehen kommen. Theoretisch ist das den meisten bekannt. Was es in der Praxis heißt, zeigt ein Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart. „Hat der Auftragnehmer besonders überwachungspflichtige Arbeiten wie Dämmarbeiten mangelhaft ausgeführt, kann ein Rückbau und Neuerrichtung des Gebäudes zur Mangelbeseitigung verhältnismäßig sein“, schreibt Rechtsanwalt Roger Wintzer in der Immobilienzeitung. Ergo: Die Schadenskosten übersteigen vermutlich gar die ursprünglichen Baukosten, da ein Abriss und die erneute Ausschreibung der Gewerke notwendig sind.
Im geschilderten Fall klagten die Bauherren eines Einfamilienhauses, da nach erfolgter Abnahme Wasser in den Keller eindrang. Unter der Bodenplatte hatte das ausführende Unternehmen ein falsches Dämmmaterial verwendet. Laut Planung und Leistungsverzeichnis der Architekten hätte der Keller wasserundurchlässig als „weiße Wanne“ hergestellt werden müssen. Die falsche Dämmung wurde erst durch die Wassereinbrüche erkannt. Nachdem der Bauunternehmer die Frist zur Nachbesserung verstreichen ließ, klagten die Bauherren vor Gericht.
Falsche Dämmung bei Bauüberwachung übersehen
Das verkündete Urteil (OLG Stuttgart, 9. Juli 2019, Az. 10 U 14/19) ist eindeutig: Das Bauunternehmen und die mit Planung und Objektüberwachung beauftragte Architekten-GbR haften gesamtschuldnerisch und müssen nicht nur die bereits entstandenen mangelbedingten Kosten ersetzen. Besonders teuer kommt sie der Kostenvorschuss für Abriss und Neubau des Hauses.
Mit dem Einwand, ein Neubau sei unverhältnismäßig, konnten sie sich nicht durchsetzen. Beide hätten ihren Vertrag nicht erfüllt, so das Gericht, da die Funktionsfähigkeit des Werkes erheblich beeinträchtigt sei. „Zudem hätte im Rahmen der Bauüberwachung erkannt werden müssen, dass falsch gedämmt wurde“, erläutert Wintzer. „Denn bei Abdichtungs-, Dämmungs- und Isolierungsarbeiten und in allen Bereichen der Bauphysik besteht eine gesteigerte Überwachungspflicht.“
Kritische Baumaßnahmen sind zeitnah zu prüfen
Der Fall zeigt einmal mehr, wie wichtig eine gut organisierte Objektüberwachung ist. Gerade wichtige und kritische Baumaßnahmen, bei denen sich Mängel später nur zu sehr hohen Kosten beheben lassen, müssen intensiv überwacht werden. Hier ist im Rahmen der Bauüberwachung eine zeitnahe Kontrolle notwendig, bevor der fortschreitende Bau eine Prüfung erschwert. Zu ihnen zählen insbesondere
- Abbruch-, Aushub- und Unterfangungsarbeiten,
- Gründungs-, Abdichtungs- und Isolierarbeiten,
- Wärmedämmverbundsysteme und
- Sonderkonstruktionen.
Architekt haftet bei mangelhafter Objektüberwachung
Da sich Fehler nie ganz ausschließen lassen – vor allem nicht im hektischen Baustellenbetrieb – benötigen planende und überwachende Architekten und Ingenieure eine Berufshaftpflichtversicherung. Sie schützt Freiberufler und Planungsbüros vor existenziellen Schadenersatzforderungen – vorausgesetzt die Versicherungssumme ist ausreichend hoch. Ist nämlich der Bauunternehmer insolvent, muss im Zweifel der Planer für die gesamten Schadenskosten aufkommen.
bpa-Tipp: Bauingenieure, Architekten und Fachplaner sollten bei ihrer Berufshaftpflichtversicherung langfristig kalkulieren. Ein Planungsfehler von heute kann aufgrund der langen Haftungszeiten und jahrelanger Gerichtsverfahren erst in 10 oder 15 Jahren zu einer Schadenersatzzahlung führen. Dann sollten die Versicherungssummen von heute auch die zukünftigen Baukosten abdecken (und die dürften weiter nach oben klettern). Überprüfen Sie daher Ihren Berufshaftpflichtversicherungsvertrag regelmäßig, ob die von Ihnen gewählten Deckungssummen „zukunftsfähig“ sind.