Es ist die Frage, die am Anfang der meisten Projektentwicklungen und Kundenanfragen steht: Welche Bebauung ist an diesem Standort überhaupt möglich? Und so harmlos sie daherkommt, so viel Aufwand steckt doch dahinter, will man sie vernünftig beantworten. Mehrere Anbieter sind nun mit Software gestartet, die Architekten und Projektentwicklern einen Teil der Vorarbeit abnehmen soll: durch automatisierte Grundstücksbewertungen, Potenzialanalysen oder Bebauungsvorschläge.
Schnell und effizient erste Bebauungsvorschläge zu erstellen ist eine Herausforderung, je mehr Kriterien für den Auftraggeber relevant sind. So spielen neben Größe und Form des Grundstücks und geltendem Baurecht auch klimatische Bedingungen, Licht- und Lärmverhältnisse eine Rolle, ebenso Topografie, Bestandsbauten, Flächennutzungspläne oder Gemeindesatzungen. Welche digitalen Lösungen für Potenzialanalysen gibt es bereits? Und welche Analysen und Modellberechnungen ermöglichen sie?
Konkurrenz oder Fortschritt? Digitale Flächenoptimierung
Die cloud-basierte Software Spacemaker, die seit 2021 zu Autodesk gehört, nutzt künstliche Intelligenz und generatives Design für die Stadtplanung und Erstellung von 3D-Projektvorschlägen. In ihren Analysen lassen sich über 100 Kriterien für die Formfindung von Baukörpern und deren Positionierung miteinander vergleichen. Der Nutzer entscheidet, welche Ziele dabei welche Gewichtung erhalten; der Algorithmus entwickelt und optimiert schrittweise passende Lösungen. Dabei gilt wie bei immer beim Einsatz künstlicher Intelligenz: Sie ist immer nur so gut, wie die Daten bzw. Vorgaben, die sie bekommt. Und räumliche, atmosphärische und soziale Qualitäten, die gute Architektur braucht, kann die Software noch gar nicht bewerten und somit nicht ohne Zutun eines Architekten liefern.
Das Münchner Büro Brückner Architekten hat einen Algorithmus entwickelt, der das maximal mögliche Baurecht auf Grundstücken berechnet. Das Programm PropertyMax kann innerhalb weniger Stunden mehrere tausend mögliche Gebäudekörper berechnen, die alle gesetzlichen und planerischen Vorgaben einhalten: Abstandsflächen, Höhenbegrenzungen, Lichtverhältnisse, Lärmeinwirkung, Größe der Freiflächen usw. Laut Geschäftsführer Laurent Brückner sind meist etwa 50 der computergenerierten Bebauungsvarianten tatsächlich relevant und architektonisch umsetzbar. Auf diese Weise lassen sich zeitsparend besonders wirtschaftliche Lösungen finden und Quartiere planen oder Nachverdichtungen optimieren. Nach eigenen Angaben lassen sich mit PropertyMax rund 40 Prozent mehr Geschossfläche gewinnen als bei einer Planung ohne KI.
Geschossflächen optimieren und Potenzialanalysen automatisieren
Ähnliche Ziele verfolgt der Algorithmus des jungen Architekten Paul Metzger. Auf seiner Webseite Bebauungsanalyse.de preist er die präzise computergestützte Berechnung an, mit der sich die maximale Baumasse auf einem Grundstück ermitteln lasse. Was die Bearbeitungszeit derzeit noch streckt: Die notwendigen baurechtlichen Parameter muss Metzger zum Teil noch individuell recherchieren. Dafür ist die anschließende Berechnung innerhalb weniger Minuten abgeschlossen und liefert automatisiert Kennzahlen wie Wohnfläche, BGF, GRZ, GFZ etc. Je mehr Daten die Bundesländer künftig über kostenlose Schnittstellen oder Geoviewer liefern, desto effizienter wird Bebauungsanalyse.de künftig funktionieren.
Die Krux der Daten – auch bei Syte spielen sie die entscheidende Rolle. Matthias Zühlke und David Nellessen haben mit Syte eine Software zur Analyse des Bebauungspotenzials entwickelt. Mit ihr lässt sich nicht nur die maximale Ausnutzung eines Grundstücks berechnen. Dank offener Geodaten des gesamten Baubestands von Nordrhein-Westfalen kann das Programm sogar Baulücken ermitteln, um gezielt geeignete Entwicklungsflächen für Bauvorhaben zu finden. Bevor auch in anderen Bundesländern solche Potenzialanalysen automatisiert möglich sind, müssen zunächst weitere Geodaten aufbereitet werden.