Ingenieure erschaffen Steilhänge aus Sand in Hamburgs HafenCity
Der Baakenhafen erhielt 2018 ein neues Wahrzeichen und Hamburg einen neuen Berg: den Himmelsberg. Von seiner Aussichtplattform aus überblickt man als Besucher die HafenCity; der Blick reicht von der Elbphilharmonie im Westen bis zu den Elbbrücken im Osten. Spektakulärer als die Aussicht ist allerdings das, was sich dem Auge weitgehend entzieht: das Innere des kleinen Stadtbergs.
Das komplexe Ingenieurbauwerk ragt direkt an der Wasserkante empor, drei der begrünten Wände sind 65 Grad steil. Trotz der Herausforderungen, die Hafenverkehr, Tide und Sturmfluten an die Standsicherheit stellen, haben sich die Fachplaner gegen eine konventionelle Konstruktion aus Stahlbeton entschieden. Stattdessen wählten sie einen Rohstoff, von dem es in der Elbe mehr als genug gibt: Sand.
„Der Himmelsberg besteht aus mehreren Lagen Füllsand, die von hochzugfesten Geogittern umschlossen und stabilisiert werden“, erklärt Dr. Matthias Kahl von Grundbauingenieure Steinfeld und Partner, verantwortlich für Objekt- und Tragwerksplanung. Präzisionsarbeit war notwendig, um auf einer Grundfläche von 800 m² Sand Schicht um Schicht in die Höhe wachsen zu lassen. Das natürliche Baumaterial stammt von Ausbaggerungsarbeiten in der Elbe. Mit diesem Sand wurde auch die Freizeitinsel Baakenpark aufgeschüttet, zu der der Himmelsberg gehört: eine künstliche Halbinsel mit Spiel- und Sportmöglichkeiten, für deren Gestaltung das Atelier Loidl Landschaftsarchitekten mit dem Deutschen Landschaftsarchitekturpreis ausgezeichnet wurde.
Gerüstet für Hochwasser und Kollisionen
Blickfang des Parks ist der rund 15 Meter hohe, pyramidenähnliche Himmelsberg – ebenfalls preisgekrönt, als „Geotechnisches Ingenieurbauwerk 2018″ vom Architekten- und Ingenieurverein Hamburg. Seine Höhe scheint sich im Verlauf von Ebbe und Flut ständig zu ändern. Um auch Hochwasser sowie möglichen Kollisionen trotzen zu können, sichern Elemente aus Stahlbeton und Basaltsteinen den Fuß des Bergs und steingefüllte Gabionen das Innere bis zu 8,20 Meter ü. NN. An den Rändern umschließt ein wasserdurchlässiges Vlies die einzelnen Sandschichten, um im Fall einer Beschädigung der begrünten Außenhaut ein Ausschwemmen der Sande zu verhindern.
Während die wasserseitigen Wände beeindruckend steil emporragen, fällt die Böschung zur Landseite flacher ab. Sie dient im Sommer als Liegewiese und im Winter als Rodelberg. Hier kann man die Stufen der rostroten Stahlbetontreppe erklimmen, um auf die Aussichtsplattform zu gelangen. Der Einbau der Treppe stellte eine weitere Herausforderung dar, so Dr. Kahl von Steinfeld und Partner: „Wir mussten sicherstellen, dass auch während der Bauarbeiten zu jeder Zeit die erforderliche Standsicherheit gegeben war. Die Treppe wurde daher abschnittsweise eingebaut, in enger zeitlicher Abstimmung mit den Erdbauarbeiten.“
Die drei steilen Seiten sind mit Stahlgitterelementen versehen, auf denen vorkultivierte Gräsermatten befestigt wurden, um den Hügel zu begrünen. Auch an die langfristige Pflege haben die Ingenieure gedacht: Eingebaute automatische Sprühregner erlauben die künstliche Bewässerung. Und eine Sicherungsvorrichtung ermöglicht den Landschaftsgärtnern, die steilen Grasflächen seilgesichert mit einem Luftkissenmäher zu schneiden.
Fotos 1+4: ELBE&FLUT, Quelle: HafenCity Hamburg GmbH
Fotos 2+3: Grundbauingenieure Steinfeld und Partner
Illustration: Christian Eisenberg, Quelle: HafenCity Hamburg GmbH