In vielen Ingenieur- und Architekturbüros identifizieren sich die Mitarbeitenden stark mit den Projekten, die sie bearbeiten. Gut und schön, allerdings wäre es noch besser, wenn sie sich auch dem Büro, für das sie tätig sind, langfristig verbunden fühlen würden.
Das wird heute noch wichtiger als in den Jahren zuvor. Einerseits ist es schwierig, bei der Personalsuche die „richtig guten Leute“ zu finden, und andererseits ist es heute schon gang und gäbe, dass Mitarbeitende abgeworben werden. Die richtige Mitarbeiterführung spielt in Planungsbüros daher eine entscheidende Rolle.
Was die jüngeren Generationen suchen
Die jüngeren Mitarbeitenden, die sogenannte GenY, lässt sich nicht mehr so leicht durch die üblichen Incentives, wie z.B. ein höheres Einkommen, motivieren. Die Angestellten von heute möchten sich frei entfalten und sich mit ihren Fähigkeiten einbringen. Sie möchten ihre Arbeitszeit und ihren Arbeitsplatz frei wählen und sich dabei ständig weiter entwickeln können. Und das alles gepaart mit einem hohen Anspruchsdenken – an sich selbst, an die Projekte und auch an ihre Arbeitsumgebung.
Employer Experience
Zu den Elementen, die einen positiven Einfluss auf die Mitarbeiterbindung haben, gehören vor allem:
- Bedeutsame Arbeit: Autonomie, Person-Job-Fit, kleine befähigte Teams
- Unterstützende Führung: klare und transparente Ziele, Mentoring, Ausbildung in Führungsfähigkeiten
- Positives Arbeitsumfeld: flexible Arbeitszeiten, Anerkennungs- und Wertschätzungskultur, „menschlicher“ Arbeitsplatz, Zeit für Auszeiten
- Entwicklungsmöglichkeiten: selbstgesteuertes Lernen, Talentförderung, Fortbildungskultur
- Vertrauen: Transparenz und Ehrlichkeit, gelebte Werte, der Mensch steht im Mittelpunkt, stetiges Investment in Mitarbeiter
Welche dieser Themen sind in Ihrem eigenen Büro noch offene Baustellen? Nicht nur aus Ihrer Sicht, sondern auch aus der Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter?
Mitarbeiterführung im Architekturbüro
Die in den letzten Jahren entstandenen Rahmenbedingungen erfordern ein neues Führungsverhalten und auch neue Vereinbarungen für die Zusammenarbeit. Dabei ist die Durchführung von jährlichen oder halbjährlichen Entwicklungsgesprächen mit jedem Mitarbeiter/ jeder Mitarbeiterin schon fast wieder ein „alter Hut“. Diese Gespräche sind dennoch wichtig, denn sie dienen dem Abgleich der beiderseitigen Erwartungen. Es werden Ziele gesetzt und Entwicklungsmöglichkeiten besprochen. Durch das spezifische Interesse, dass jedem Mitarbeiter/ jeder Mitarbeiterin damit entgegengebracht wird, entsteht eine intensivere Bindung der Mitarbeitenden an das jeweilige Unternehmen.
Stellen Sie sich vor, Ihre Mitarbeiter:innen sagen zu Hause und im Freundeskreis: „Ich habe einen richtig guten Chef / eine richtig gute Chefin!“ Wie müssten Sie dann Ihre Führungsrolle wahrnehmen?
10 Dinge, die Mitarbeiter:innen an Unternehmen schätzen
Fragt man Angestellte, was für sie attraktive Arbeitgeber ausmacht, so nennen diese insbesondere weiche Faktoren:
- eine mitarbeiterorientierte Arbeitsplatzkultur
- gute Führung durch fähige Chefs/Chefinnen
- gutes Klima im Team sowie im Unternehmen
- authentische Wertschätzung, besonders durch die Führung
- sehr gutes Betriebsklima
- Fairness im Miteinander
- berufliche Entwicklungsmöglichkeiten
- Gesundheitsförderung – „Life-Work-Balance“
- Vereinbarkeit von Familie und Beruf à flexible Arbeitszeitmodelle
- Gerechte Vergütung
Mehr Weiterentwicklung und Feedback in Planungsbüros
Mittlerweile finden wir in vielen größeren Architektur- und Ingenieurbüros Personalabteilungen, die sich intensiv mit der Weiterentwicklung aller Mitarbeitenden beschäftigen. Sie führen zunehmend Workshops zur Verbesserung der Zusammenarbeit im gesamten Büro und in den Projektteams durch oder bieten „Coaching on the Job“ an. Auch das Geben und Nehmen von Feedback ist heute keine Einbahnstraße mehr. Wie in der Großindustrie bereits seit Jahren üblich, wird es auch in mittelständischen Unternehmen zunehmend selbstverständlich, dass die Mitarbeitenden ihren Führungskräften Rückmeldungen zu deren Führungsverhalten geben, so dass auch diese sich weiter entwickeln können.
Und auch Inhaber kleiner Architekturbüros sollten ihr Führungsverhalten reflektieren und sich fragen, ob es noch zeitgemäß ist. Denn gerade in Zeiten zunehmenden Fachkräftemangels werden die Büros über die besten Mitarbeiter verfügen, die neben herausragenden Projekten auch mit einer exzellenten Personalführung punkten können.
Auf die Führung kommt es an
Die Führungskräfte der Zukunft stehen nicht mehr am oberen Ende der Pyramide, sondern am unteren: sozusagen als Stütze oder als Fundament des Planungsbüros. Sie fungieren als eine Art Guide oder Mentor. Ihre Aufgabe ist es, Ziele und mögliche Wege aufzuzeigen, ohne dabei allwissend sein zu müssen. Sie sollten sich als Inspiratoren verstehen, die in Projekten, die von anderen aufgesetzt werden, Energie einspeisen, um sie nochmal weiterzubringen. Sie haben die Aufgabe zu vernetzen, quer zu denken und über den Tellerrand zu schauen. Zudem sollten sie immer auf der Suche nach den besten Talenten sein und ihnen den Nährboden geben, sich zu verwirklichen. Sie sind weniger die Unternehmer, die Entscheidungen treffen, sie sind stattdessen die oder der Coach.
Gerald Hüther, der bekannte deutsche Hirnforscher und Autor, schreibt: „Inspiriert führen kann nur wer selbst inspiriert ist“. Inspiration ist nicht nur in gestalterischen und technischen Belangen notwendig, sondern auch beim menschlichen Miteinander.