Cluster-Wohnen gewinnt als alternative Wohnform an Bedeutung. Insbesondere Bau- und Wohnungsgenossenschaften entwickeln Cluster-Wohnungen, meist in Bauprojekten, die daneben auch klassische Wohnungen beinhalten. Sie wollen damit ihren Wohnungsbestand diversifizieren und Raum für neue Wohnbedarfe und Lebensstile bieten. Nicht zuletzt bietet Cluster-Wohnen eine Antwort auf etliche urbane Probleme: Wohnraum ist knapp und teuer, die Zahl der Single-Haushalte und das Risiko der Vereinsamung steigen.
Eine Cluster-Wohnung ist eine Mischung aus WG und Kleinstwohnung, die viele Anpassungsmöglichkeiten bietet. Sie besteht aus mehreren kleinen Wohneinheiten mit eigenem Badezimmer, die sich in der Regel um eine große Gemeinschaftsfläche gruppieren. Diese dient sowohl der Erschließung als auch als Ausgleich für den knappen privaten Wohnraum. Die Fläche umfasst eine große Gemeinschaftsküche, ein Wohnzimmer sowie gegebenenfalls weiteren Gemeinschaftsnutzungen.
Architektur muss Gemeinschaft ebenso wie Rückzug ermöglichen
Auf diese Weise lässt sich eine hohe Wohnqualität bei verhältnismäßig niedrigem Flächenverbrauch pro Person erreichen. Cluster-Wohnen bietet somit eine mögliche Lösung für bezahlbaren Wohnraum in Städten und reduziert den Verbrauch von Ressourcen. Hinzu kommt der soziale Mehrwert, den eine funktionierende Gemeinschaft bieten kann.
Was kennzeichnet die Architektur von Cluster-Wohnungen? Das beim BBSR veröffentlichte Forschungsprojekt „Cluster-Wohnen: Cluster-Wohnungen für baulich und sozial anpassungsfähige Wohnkonzepte einer resilienten Stadtentwicklung“ hat hierzu zahlreiche Projekte untersucht. Eines der zentralen Ergebnisse ist, dass Cluster-Wohnungen sowohl Gemeinschaft als auch Rückzug und Privatsphäre ermöglichen müssen, um ein möglichst konfliktarmes Zusammenleben zu ermöglichen. Zudem empfiehlt es sich, die künftigen Nutzer möglichst schon im Planungsprozess einzubeziehen, um Akzeptanz und Identifikation zu erhöhen.
Besonderheiten im Grundriss
Die bisherigen Grundrisstypen von Cluster-Wohnungen zeigen eine beeindruckende Vielfalt. Das Spektrum reicht von einer 4-Zimmer-Wohnung bis zu Maisonette-Wohnungen mit über 20 Räumen. Es gibt daher relativ wenige Gemeinsamkeiten im Grundriss. Cluster-Wohnungen ermöglichen unter anderem außergewöhnlich tiefe Baukörper und eigenen sich daher auch bei sogenannten schwierigen Grundstücken sowie bei Ecksituationen im städtischen Geschoßwohnungsbau.
Die privaten Wohnbereiche werden entweder über einen Mittelgang erschlossen oder über einen zentralen Gemeinschaftsraum; auch Mischformen kommen vor. Gute Architektur bedeutet beim Cluster-Wohnen, dass die Erschließungsflächen eine hohe Aufenthalts- und Nutzqualität aufweisen müssen. Im Gegensatz zu klassischen Mikrowohnungen oder Hotels sind sie keine reine Verkehrsfläche, sondern auch Begegnungsräume.
Privat- und Gemeinschaftsräume in Cluster-Wohnungen
In den im Forschungsprojekt untersuchten Cluster-Wohnungen liegt die private Wohnfläche pro Kopf überwiegend zwischen 20 und 30 Quadratmeter. Nicht immer handelt es sich dabei um ein einzelnes Zimmer, auch bis zu drei Zimmer pro privater Wohneinheit sind möglich. Die allermeisten verfügen über private Bäder. Viele verfügen darüber hinaus über kleine private (Tee-)Küchen. Je vielseitiger die Privatbereiche hinsichtlich Größe und Zuschnitt sind, desto größer ist ihre Anpassungskapazität, wenn sich die Bedürfnisse der Bewohner im Lauf der Zeit ändern.
Die Gemeinschaftsflächen verfügen über Wohn-, Koch- und Essbereiche, teilweise auch über weitere Sanitärräume, Hausarbeitsräume oder flexibel nutzbare Arbeits- und Gästezimmer. Bei der Planung ist unter anderem darauf zu achten, dass parallele Nutzungen ermöglicht werden. Nicht immer wollen alle Bewohner Dasselbe machen, hier besteht also Konfliktpotenzial. Dem lässt sich mit der richtigen Architektur und Einrichtung entgegenwirken: beispielsweise durch verwinkelte, unterteilte Räume sowie ausreichend groß dimensionierte Küchen mit verschiedenen Kochfeldern und Arbeitsplatten.
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Bauliche Anforderungen: Schallschutz, Brandschutz, Gebäudetechnik
Cluster-Wohnungen erfordern keine besondere Konstruktion oder Bauweise. Besonders wichtig bei der Planung ist jedoch das Thema Schallschutz, da Gemeinschaftsbereiche und private Wohnräume direkt aneinandergrenzen. Zumindest die Türen der individuellen Wohneinheiten benötigen einen erhöhten Schallschutz, ähnlich wie in Hotels oder Heimen. Bei Wasserleitungen sollten bereits in der Planungsphase Maßnahmen zum Schallschutz festgelegt werden.
Da die Anzahl an Bädern und Teeküchen deutlich größer ist als bei sonst üblichen „Standard-Wohnungen“, erhöht dies auch die Zahl der notwendigen Versorgungsschächte. Architekten sollten die Integration der Cluster-Wohnungen in die gesamte Planung des Gebäudes nicht unterschätzen, vor allem wenn die darüber bzw. darunter liegenden Wohneinheiten weniger Versorgungsanschlüsse benötigen.
Nicht zuletzt ist ein Fluchtwege- und Brandschutzkonzept notwendig. Nutzungseinheiten mit mehr als 400 m² müssen in einzelne Brandabschnitte unterteilt werden. Und auch eine höhere Anzahl an Bewohnern kann je nach Bauordnung höhere Brandschutzauflagen mit sich bringen.
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