Die Häufigkeit und Auswirkungen extremer Wetterereignisse steigen im Zuge des Klimawandels, auch in Europa. Aufgrund der höheren Temperaturen und Verdunstung nimmt insbesondere die Gefahr von Hochwasser und Starkregen zu. Dies hat auch Auswirkungen für die Arbeit von Architekten, Bauingenieuren und Fachplanern: Sie stehen in der Pflicht, Bauherren auf die konkreten Risiken ihres Bauprojekts hinzuweisen und geeignete Schutzmaßnahmen vorzuschlagen. Ein Blick in den Bebauungsplan reicht hierfür nicht aus.
Gefährdung durch Hanglage, Senken, Versiegelung
Denn die im Bebauungsplan ausgewiesenen Überschwemmungsflächen können nicht nur veraltet sein; sie weisen oft bestimmte Gefahren gar nicht aus. Dazu gehören vor allem Überflutungsflächen infolge von Starkregen. Bei Starkregen gehen in einem Gebiet in kurzer Zeit extrem hohe Regenmassen nieder. Dann kommt es oft zu urbanen Sturzfluten: Das Regenwasser fließt unkontrolliert an der Oberfläche ab, denn die Kanalsysteme sind überlastet und auch Versickerungsanlagen können nur einen Teil des Wassers aufnehmen. Hohe Schäden am Gebäude, der Bausubstanz und Tragstruktur sind die Folge, wenn Bauwerk und Außenanlagen nicht für einen solchen Fall ausgelegt sind. Insbesondere in Gebieten mit Hanglage verfügen die Wassermassen über hohe Strömungskräfte und können große Mengen an Blättern, Erde etc. mit sich reißen. Auch Senken und stark versiegelte Bereiche sind besonders gefährdet.
Nach § 5 Abs. 2 WHG ist jede Person, die durch Hochwasser betroffen sein kann, verpflichtet „geeignete Vorsorgemaßnahmen zum Schutz vor nachteiligen Hochwasserfolgen und zur Schadensminderung zu treffen, insbesondere die Nutzung von Grundstücken den möglichen nachteiligen Folgen für Mensch, Umwelt oder Sachwerte durch Hochwasser anzupassen.“ Diese Sorgfaltspflicht gilt auch für Überflutungen infolge von Starkregen.
Starkregen-Gefahrenkarten und Ortsbegehung
Wie hoch das Risiko durch Starkregen für den geplanten Neu- oder Umbau ist, lässt sich zum einen in Gefahrenkarten recherchieren. Neben aktuellen Hochwassergefahrenkarten sollten Architekten und Fachplaner (sofern für das Planungsgebiet vorhanden) Starkregengefahrenkarten konsultieren. Diese weisen unter anderem aus, wo bei Starkregen mit welchen Überflutungshöhen zu rechnen ist und welche Fließgeschwindigkeiten das Wasser erreicht.
Darüber hinaus ist eine Ortsbegehung unerlässlich, um die genauen Gefälleverhältnisse und Abflusshindernisse zu ermitteln. Aus den zu erwartenden Fließwegen lassen sich bauliche Maßnahmen zum Schutz der Gebäude ableiten. Eine widerstandsfähige Planung der Gebäude und Außenanlagen sollte abhängig von der Risikolage und geplanten Nutzung erfolgen.
Besondere Vorschriften gelten für Grundstücke mit mehr als 800 Quadratmetern befestigter Fläche: Für sie ist laut DIN 1986-100 ein förmlicher Überflutungsnachweis notwendig. Er muss zeigen, dass das betreffende Grundstück einen extrem starken Regen, der einmal in 30 bis 100 Jahren zu erwarten ist, schadlos übersteht, und erfordert eine differenzierte Höhenplanung sowie die frühzeitige Integration des Überflutungsschutzes in die Objekt- und Außenanlagenplanung. Abfließendes Regenwasser ist primär am Ort der Entstehung der Abflüsse zurückzuhalten, durch große Rückhaltevolumina auf dem Grundstück. Auch auf den Schutz der baulichen Anlagen (inklusive der auf Unterliegergrundstücken) ist zu achten. Planer, die die DIN 1986-100 missachten, gehen unabsehbare Haftungsrisiken ein, falls es zu Schäden durch Überschwemmungen kommt.
Planung durch Architekten und Fachplaner – Schutzmaßnahmen
Zur Vorbeugung und für gezielten Objektschutz gegen Starkregenschäden bieten sich unter anderem folgende Maßnahmen an:
- Wassersensible Grundstücksgestaltung: Flächen entsiegeln, zusätzliche Rückhalte- und Versickerungsflächen anlegen
- Wasser gezielt sammeln und ableiten
- Erhöhte Anordnung und Abschirmung der Gebäude
- Abdichtung des Gebäudes durch wasserbeständige Materialien
- Gebäudeöffnungen in ausreichender Höhe vorsehen
- Abdichten tief liegender Fenster und Öffnungen, Sicherung von Kellerschächten, Einbau von Rückstausicherung
- Möglichen Schaden bei Wassereintritt minimieren (Lagerung höherer Sachwerte in oberen Stockwerken, Haustechnik)
- Praxisnahe Erläuterungen der wichtigsten Schutzmaßnahmen enthält der Leitfaden Starkregen des BBSR
Bei der Wahl der Maßnahmen ist eine wirtschaftliche Abwägung notwendig, da viele mit Mehrkosten einhergehen. Auch können einige mit dem Ziel barrierefreien Bauens kollidieren. Und ebenso wie beim Thema Hochwasser gilt: Einen absoluten Schutz gegen die Folgen von Starkregenereignissen gibt es nicht. Durch angemessene Planung lassen sich das Schadenrisiko und die enormen Folgekosten eines Überflutungsschadens verringern. Um das verbleibende Restrisiko abzudecken, sollten Bauherren bzw. Eigentümer in ihre Gebäudeversicherung eine Elementarschadendeckung aufnehmen.