Bei der Büroorganisation könnten viele Architektur- und Ingenieurbüros noch besser werden, sagt die Unternehmensberaterin Heidi Tiedemann. Welche Strukturen für wirtschaftlichen Erfolg wichtig sind und wann ein Qualitätsmanagement-System Sinn macht, verrät die Expertin im Interview.
Frau Tiedemann, wie viel Struktur brauchen Planungsbüros?
Mehr, als so manche von ihnen glauben. Viele Architekten und Ingenieure arbeiten viel und leidenschaftlich. Das ist schön, wenn am Ende dann die aussagekräftigen Projekte verwirklicht werden. Aber noch schöner ist es, wenn sie mit ihrem Büro auch leistungsgerechte und angemessene Renditen erzielen können.
Woran mangelt es denn besonders oft?
Viele Planungsbüros arbeiten nicht wirtschaftlich, weil keine Managementinstrumente vorhanden sind oder nicht umfassend genutzt werden. Oft gibt es keine klar definierte Bürostruktur, keine Formulare und Checklisten, keine definierten Zuständigkeiten und auch die Ziele und die Leitsätze des Büros wurden von den Inhaber:innen nicht festgelegt: welche Vision man für sein Unternehmen hat, für welche Kunden man eigentlich gern arbeiten möchte usw..
Darüber hinaus sind die Bereiche Büro- und Projektcontrolling, Mitarbeitermanagement, Auftrags- und Vertragsgestaltung und Akquisition meist nicht professionell genug aufgebaut und auch die Führungskräfte nehmen ihre Aufgaben nicht umfassend wahr, sondern arbeiten lieber Vollzeit im Projekt, während sie hoffen, dass das Büro von alleine läuft. Tut es aber nicht!
Wie können es Architekten und Ingenieure besser machen?
In meinen Augen ist es unerlässlich, auch ein Planungsbüro – und sei es noch so klein – als Unternehmen zu betrachten. Ein gut aufgestelltes Unternehmen verfügt über klar definierte Ziele und Strukturen und wird von den Führungskräften professionell und aktiv geführt. Alle Mitarbeitenden kennen ihre Verantwortungsbereiche, die Aufgaben sind eindeutig zugeordnet und das Ressourcenmanagement wird intensiv betrieben.
Die Arbeitsabläufe sind effizient organisiert, EDV-, Akten- und CAD-Ablagestandards sind definiert und es erfolgt ein Stundencontrolling mit einer professionellen Controlling-Software. Die Projekte werden vorausschauend kalkuliert und es wird laufend überprüft, ob der Aufwand noch zum Honorar passt und die Qualitäten stimmen. Die Mitarbeitenden werden intensiv betreut, gefördert und motiviert und die Führungskräfte reflektieren sich regelmäßig selbst und entwickeln ihre Führungsfähigkeiten aktiv weiter.
Wann macht ein Qualitätsmanagement-System für das eigene Planungsbüro Sinn?
Eine gute Frage, die sich nicht einfach pauschal beantworten lässt. In meinen Augen ist das von mehreren Faktoren abhängig, u.a. von der Größe eines Unternehmens sowie von der Komplexität der Aufträge und auch den Kunden selbst. So fordern z.B. öffentliche Auftraggeber ein größeres Maß an nachweisbaren Prozessen als vielleicht ein privater Bauherr.
Insgesamt sind die Qualitätsansprüche von Kunden gegenüber Architekten und Fachingenieuren enorm gestiegen und damit die Notwendigkeit, hohe Qualität durch ein umfassendes EDV-basiertes Managementsystem sicherzustellen und Abläufe zu standardisieren. Die große Herausforderung dabei ist es, bei allen Mitarbeitenden ein Qualitätsbewusstsein zu schaffen, das den gesamten Planungsprozess begleitet.
Wie kann ein QM-System dabei helfen?
Damit können Sie sicherstellen, dass die Planungsprozesse strukturiert und normkonform ablaufen und Leistungen in der vorgeschriebenen Qualität erbracht werden. Gerade beim öffentlichen Bauen ist die Berücksichtigung vieler Normen und Vorschriften von großer Bedeutung. Systematisches Qualitätsmanagement kann auch den Weg zur Zertifizierung ebnen, die gerade für Planungsbüros von großem Wert sein kann und zumindest in VGV-Verfahren einen Wettbewerbsvorteil darstellt.
Worauf sollten Ingenieure und Architekten bei der Auswahl achten?
Jedes noch so ausgeklügelte System hat seine Tücken. Man sollte insbesondere darauf achten, dass es logisch aufgebaut ist und jedem Mitarbeitenden Einblick und Zugang ermöglicht. Das Qualitätsmanagement darf nicht „zu theoretisch“ sein, sonst wird es von den Mitarbeitenden nicht wirklich gelebt.
Ganz wichtig ist natürlich die einfache Bedienbarkeit des QMS und dessen „natürliche“ Integration in die täglichen Arbeitsabläufe, ohne zusätzliche Aufwände zu erzeugen. Der Markt bietet hier viele Alternativen, so dass man sich ausreichend Zeit für den Auswahlprozess nehmen sollte.
Wie sorgt man dafür, dass die eigenen Mitarbeiter das Qualitätsmanagement auch umsetzen?
Dafür ist es besonders wichtig, die Mitarbeitenden aktiv einzubinden und z.B. während der Erstellung des QM-Systems deren Wissen abzurufen und zu integrieren. So kann das Know-how, das bisher oft an einzelne Wissensträger geknüpft war, für alle Beteiligten zugänglich gemacht werden. Und im Laufe der Nutzung des Qualitätsmanagement-Systems sollten sich die Mitarbeitenden eingeladen fühlen, sich an der ständigen Verbesserung zu beteiligen.