Das Buzzword Digitalisierung ist auch in der Planungsbranche in aller Munde. Doch was haben Ingenieur- und Architekturbüros davon, statt in 3D nun mit BIM zu planen? Was hat es mit Open BIM genau auf sich und wie setzen Büros die neue Planungsmethode erfolgreich bei sich um?
Für Stefan Forster Architekten war Effizienz der wichtigste Grund, erst in 3D und ab 2009 mit einer ersten BIM-Version zu arbeiten. „Der Wohnungsbau, unser Tätigkeitsschwerpunkt, erfordert einen vergleichsweise hohen Arbeitsaufwand bei geringen Margen: Man muss sehr effizient arbeiten, um davon leben zu können“, erklärt Florian Kraft, Partner bei Stefan Forster Architekten, im Interview mit competitionline. „Deshalb haben wir geguckt, was wir mit unserer Software eigentlich alles anstellen können.“
Höhere Komplexität erfordert digitale Abstimmung
Ein Prozess, bei dem es kaum ein Zurück gibt, denn wer einmal weiterentwickelte Tools ausprobiert hat, will die nicht mehr missen. Schließlich helfen die neuen BIM-Tools und Methoden, die immer komplexer werdenden Projekte gut zu bewältigen. Die Regulierung nimmt zu, oft auch die Zahl beteiligter Fachplaner und Gutachter. All die unterschiedlichen Kompetenzen in den Planungs- und Bauprozess zu integrieren steigert die Komplexität und damit auch die Risiken der Bauprojekte.
Eine bewährte Lösung ist, alle Prozesse möglichst transparent und offen zu gestalten. Interaktive 3D-Gebäudemodelle kommen schon lange als schnelles und integratives Kommunikationsmittel zum Einsatz. Architekten und Ingenieure, Bauherren und zukünftige Nutzer können damit schon in frühen Planungsstadien Gebäude und Räume vollständig visuell erfassen.
Verantwortung fürs eigene Fachmodell bleibt
Building Information Modelling ist die Weiterentwicklung und logische Konsequenz der 3D-Planung. Ein zentrales 3D-Modell – ein „digitaler Zwilling“ des zu errichtenden Gebäudes – bündelt die wesentlichen Informationen und macht sie für alle Beteiligten verfügbar. Zudem lässt sich der gesamte Bauablauf dank BIM vorab virtuell durchspielen. Dadurch lassen sich potenzielle Schwierigkeiten im Projekt frühzeitig erkennen und Kollisionen zwischen den Tätigkeiten der vielen Spezialisten minimieren.
Da alle Planungsbeteiligten das Gebäudemodell nutzen und ergänzen können, verfügt jeder über den aktuellen, einheitlichen Informationsstand. Dennoch arbeitet jeder Planer weiterhin in seinem individuellen Fachmodell. Die verschiedenen Fachmodelle werden regelmäßig zu einem zentralen Gesamtmodell zusammengeführt; und auch alle weiteren Arbeitsergebnisse (Zeichnungen, Gutachten, Bescheide etc.) stehen auf Servern allen Beteiligten zentral zur Verfügung. Die Verantwortlichkeiten sind klar geregelt und damit auch die Haftungsbereiche aller Beteiligten.
Der Start mit BIM muss nicht viel Geld kosten
Die Umstellung für das neue Arbeiten mit BIM beginnt im Kopf. „Wenn man schon mit einer der üblichen zwei, drei großen Softwarelösungen arbeitet, hat man erst mal kaum Zusatzkosten“, so Florian Kraft von Stefan Forster Architekten. „Die meisten Programme wie Revit, ArchiCAD, Allplan können alles, was für eine Umstellung auf BIM benötigt wird – aber man muss es halt nutzen.“
Aufgeschlossene Mitarbeiter, ein paar Tage Schulung sowie ein guter Leitfaden (z.B. „BIM für Architekten“ der BAK), und schon kann das Planungsbüro mit BIM durchstarten. Auf die Effizienzgewinne muss man jedoch ein wenig warten: Wie jede Neuerung bringt auch die Umstellung erst einmal zusätzlichen Aufwand mit sich, bis das Knowhow etabliert ist und die neuen Prozesse eingespielt sind.
Closed BIM versus Open BIM
Leider hakt es trotz großer Versprechen der Software-Anbieter immer noch beim Thema Datenaustausch. Der Closed-BIM-Ansatz, bei dem der Informationsaustausch vom Standard eines bestimmten Herstellers abhängig ist, erfordert oft hohe Investitionen in neue Software, die zudem selten allen Fachplanungsdisziplinen vollständig gerecht wird.
Open BIM ermöglicht stattdessen den beteiligten Architekten, Bauingenieuren und Fachplanern, weiterhin mit ihren jeweils bevorzugten Software-Lösungen zu arbeiten. Die Daten werden nach einem vereinbarten, offenen Informationsmodell importiert bzw. exportiert. Häufig findet der Austausch über das Dateiformat Industry Foundation Classes (IFC) statt, das viele Softwarelösungen aus allen Bereichen des Hoch- und Tiefbaus verarbeiten können. Ganz reibungslos funktioniert dies jedoch leider nicht, weshalb die übertragenen Informationen oft noch kontrolliert werden müssen. Dieser Aufwand wird durch die Vorteile von BIM jedoch mehr als aufgewogen: automatisierte Berechnungen und Kollisionsprüfungen, die einfache Verfügbarkeit aktueller Daten usw..
Wer seine Arbeit rechtzeitig auf BIM umstellt und frühzeitig Erfahrungen sammelt, verbessert seine Position am Markt. Auch wenn derzeit viele Architektur- und Ingenieurbüros ausgelastet sind, wird dies nicht dauerhaft so bleiben. Wer den Kraftakt der Umstellung dann schon hinter sich hat, profitiert von einer effizienteren Arbeitsweise und einer besseren Zusammenarbeit mit allen Planungsbeteiligten.