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Was die Solarpflicht für Architekten bedeutet

Was die Solarpflicht für Architekten bedeutet - bau-plan-asekurado

Im Bund wird eine mögliche Solarpflicht diskutiert, mehrere Bundesländer haben bereits Ernst gemacht und entsprechende Gesetze verabschiedet. Auch Bauherren fragen zunehmend Photovoltaik und Solarthermie nach, die in Zeiten steigender Strom- und Heizkosten attraktiver werden. Über kurz oder lang werden sich die meisten Architekten mit der Integration von Solarmodulen auseinandersetzen müssen – technisch wie gestalterisch.

Neben der Windkraft gilt die Photovoltaik als Schlüssel für die beschlossene Energiewende. Um die Klimaziele im Gebäudesektor zu erreichen, dürfte es bald kein Dach mehr ohne Photovoltaik geben, und auch das Potenzial von Fassadenflächen muss stärker genutzt werden. Forschungsprojekte, etwa zu Bauwerksintegrierten Photovoltaik-Anlagen (BIPV), sollen die Entwicklung vorantreiben und Architekten wie Bauherren künftig Handlungsempfehlungen bieten. Doch was ist schon jetzt möglich und notwendig?

Solaranlagen: Für Dach oder Fassaden, klassisch oder integriert?

Photovoltaik-Module wandeln die Sonneneinstrahlung in elektrische Energie um. In Wechselstrom umgewandelt kann dieser im lokalen Stromkreis verteilt oder in das öffentliche Netz eingespeist werden. Um eine Solaranlage installieren zu können, wird ein möglichst verschattungsfreier Standort benötigt. Ideal sind Neigungswinkel zwischen 20 und 60 Grad und eine Ausrichtung nach Süd oder Südwest. Doch nicht nur Effektivität zählt: Architekten und Ingenieure müssen bei Solaranlagen auch die allgemeinen Anforderungen an Stand- und Funktionssicherheit beachten. (Wesentliche Planungsgrundlagen finden sie unter anderem in den Richtlinien des VDI.)

Die einfachste Art der Moduleinbindung stellt die Auf-Dach-Montage dar, sofern die Statik des Dachs dies erlaubt und die Dichtigkeit nicht beeinträchtigt wird. Allerdings kann gerade die Befestigung mit einfachen Dachhaken zu Schäden an der Dachdeckung führen, die sich erst nach längerer Zeit zeigen – eines von vielen Haftungsrisiken der Architekten. Auch gestalterisch ist dies selten die beste Lösung, weshalb viele Architekten die PV-Anlage lieber in die Dachhaut integrieren würden. Vor allem bei Neubauten und kompletten Dachsanierungen bietet sich eine In-Dach-Montage an, bei der Photovoltaik-Module die konventionelle Dachdeckung ersetzen.

Inzwischen lassen sich selbst senkrechte Fassaden für Solaranlagen nutzen. Die geringeren Stromerträge machen Fassadenanlagen durch andere Vorteile wett, beispielsweise durch ihren Witterungs-, Sonnen- oder Schallschutz. Im Winter sind Solaranlagen an Fassaden aufgrund der flach einfallenden Sonnenstrahlung sogar effektiver als PV-Anlagen auf Dächern.

Photovoltaik in Architektur und Planung

So mancher Architekt schwärmt davon, welche vielfältige Möglichkeiten in Farbe, flexiblen Maßen und Funktionen bereits bestehen, um Photovoltaikmodule als Gestaltungselement für hochwertige Architektur zu nutzen. Doch bedeutet vor allem die objektspezifische Fertigung integrierter PV-Anlagen einen hohen Aufwand. Die höheren Kosten für Module und Planung schrecken viele Bauherren ab, weshalb integrierte Photovoltaik noch immer ein Nischendasein fristet und stattdessen die klassischen Aufdachanlagen mit Standardmodulen dominieren.

Die Kosten und die Wirtschaftlichkeit sind eines der größten Hindernisse, die in der Praxis der Realisierung einer Photovoltaikanlage entgegenstehen. Laut einer Umfrage der AKBW liegen die Kosten bei Steildächern zwischen ca. 210 und 520 € je m2 Anlagenfläche. Sie schwanken somit enorm und hängen sehr stark vom konkreten Einzelfall ab. Für die Kosten entscheidend sind laut AKBW u.a. folgende Faktoren:

  • der Gebäudetyp (öffentliche, private oder gewerbliche Bauten)
  • die Art des Baus (Neubau oder Bestand)
  • den baulichen Randbedingungen (Form, Konstruktion und Materialien der Dächer, ggf. Einbauten und Aufbauten)
  • die Größe der Installationsfläche (je größer die Fläche der PV-Anlage, desto günstiger die Kosten/m² bzw. je kWp)
  • der Typ der Solarzellen (mono-/polykristalline oder Dünnschicht-Module)
  • die Erfahrung/Kompetenz der Planer:innen und Fachplaner:innen sowie bestehende Kooperationszusammenhänge zwischen Planung und Installation
  • das Jahr der Installation (der Markt entsteht, neue Technologien und Infrastrukturen entwickeln sich, Materiallieferungen variieren, Preise fluktuieren)

Honorar und Haftungsrisiken des Architekten

Architekten oder Fachplaner müssen die Solaranlagen detailliert planen und auf das jeweilige Bauwerk abstimmen. Dies bedeutet einen höheren Koordinierungsaufwand sowie ein steigendes Haftungsrisiko für Architekten und Ingenieure. Sie müssen im Zweifel ihre Berufshaftpflichtversicherung anpassen und sollten auf angemessene Honorare achten. Der Bauherr profitiert im Gegenzug von niedrigeren Stromkosten (bzw. Heizkosten bei Solarthermie) sowie einer Wertsteigerung seiner Immobilie, weshalb sich höhere Planungs- und Investitionskosten langfristig rentieren können.

Planer aufgepasst: In älteren Berufshaftpflichtverträgen ist Photovoltaik oft nicht mit versichert. Prüfen Sie im Zweifel die Versicherungsbedingungen oder lassen Sie sich von einem Fachmakler für Architekten und Ingenieure beraten. Gute aktuelle Berufshaftpflichtversicherungen sind nicht nur neuen technischen Entwicklungen angepasst, sondern können auch erweiterte Leistungsbilder von Architekten und Ingenieuren abdecken.

Wer Photovoltaik nachhaltig als gestaltungwirksames Element nutzen will, braucht viel Wissen um regenerative Gebäudetechnik. Welche Flächen eignen sich? Welche Verkabelung ist notwendig und was erfordert der Brandschutz? Eine Alternative stellen integrale Planungsteams dar, bei denen ab der ersten Leistungsphase Energieberater oder Gebäudetechniker in die Planung einbezogen werden. Deren Knowhow zu Lebenszyklusbilanzen und technischer Machbarkeit sind notwendig, um Solarmodule bestmöglich zu integrieren.

Doch auch der Architekt oder die Bauingenieurin sollte zumindest Grundkenntnisse über mögliche Anwendungsbereiche der Photovoltaik und ihre technisch-physikalischen Hintergründe besitzen. Entsprechende Fortbildungen bieten unter anderem die Architektenkammern, der VDI oder die DGNB Akademie an. Wie bei allen Neuerungen, egal ob BIM oder GEG-Vorgaben, ist die Einarbeitung zunächst mühsam und kostet die Planung der ersten ein, zwei Projekte mehr Zeit, als man dem Kunden sinnvollerweise in Rechnung stellen kann. Doch gewinnen Architekten und Fachplaner schnell Routine und mit ihren Erfahrungen einen Wettbewerbsvorteil – erst recht, wenn die Solarpflicht bald flächendeckend greifen sollte.

Solarpflicht – wo gilt sie ab wann?

Im Sondierungspapier der voraussichtlich nächsten Regierungsparteien steht, dass künftig alle geeigneten Dachflächen für die Solarenergie genutzt werden sollen. Einige Bundesländer sind da schon weiter und haben bereits eine Installationspflicht von Photovoltaikanlagen per Gesetz beschlossen:

Baden-Württemberg

  • Solarpflicht für gewerblich genutzte Gebäude ab Januar 2022
  • Für Neubauten ab Mai 2022
  • Bei Bestandssanierungen ab Januar 2023

Eine erste Rechtsverordnung dazu hat Baden-Württemberg im Oktober 2021 erlassen. Sie konkretisiert die Bestimmungen der Photovoltaik-Pflichten für Nichtwohngebäude, weitere Regelungen sollen zeitnah folgen.

Berlin

  • Photovoltaikpflicht für Neubauten und grundlegende Dachsanierungen ab Januar 2023
  • Ausnahmen: Gebäude mit weniger als 50 m² Nutzfläche, Härtefälle und ungeeignete Dächer
  • Zugelassene Alternativen: Solaranlage an Gebäudefassade oder Solarthermieanlage

Hamburg

  • Solaranlagen Pflicht für Neubauten ab 2023
  • Für Dacherneuerungen bei Bestandsgebäuden ab 2025
  • Ausnahme: wenn sich die Kosten voraussichtlich nicht in 20 Jahren amortisieren

Rheinland-Pfalz

  • Solarpflicht für gewerbliche Neubauten ab 2023
  • Alternative: Solarthermieanlage

Solarpflicht in weiteren Ländern in Planung

In Bremen soll laut einem Gesetzentwurf ab 2022 für eine Solarpflicht für alle Neubauten und umfassende Dachsanierungen gelten. Verabschiedet ist er jedoch noch nicht. In Schleswig-Holstein und Niedersachsen sind konkrete Pläne für eine Solarpflicht bei Gewerbebauten in Arbeit.

Immer gut beraten: Bei Fragen zur Haftpflichtversicherung für Architekten oder Ingenieure kontaktieren Sie uns gern. Wir beraten Sie unabhängig und individuell.
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