Vermeidbare Fehler, überlastete Mitarbeiter, überraschende finanzielle Engpässe – viele Architektur- und Ingenieurbüros kämpfen mit ähnlichen Problemen. Die oft schwankende Auftragslage und die vielseitigen Tätigkeiten, die Planer übernehmen, fordern von ihnen eine hohe Flexibilität. Wer jedoch langfristig erfolgreich sein will, kommt um gewisse Standards und Strukturen nicht herum. Eine gute Büroorganisation minimiert den Verwaltungsaufwand und hilft, Projekte effizient und erfolgreich zu bearbeiten.
Hierfür benötigen Ingenieure und Architekten nicht gleich einen Unternehmensberater oder ein großes Softwarepaket; auch mit kleinen Schritten lässt sich bei der Büroorganisation viel erreichen. Die wichtigste Voraussetzung ist, sich trotz aller Hektik im Büroalltag Zeit für die grundsätzlichen Fragen zu nehmen – und beschlossene Maßnahmen anschließend konsequent umzusetzen.
Der erste Schritt: Bestandsaufnahme
Los geht es mit einer ehrlichen Bestandsaufnahme: Wer macht bisher was? Wie sind Projekte strukturiert? Wie laufen Schriftverkehr, Dokumentation, Buchhaltung etc.? Die bisherigen Verfahrensweisen sind kritisch zu hinterfragen, und die größten „Baustellen“ schriftlich festzuhalten. Folgende Bereiche sollten die Büroinhaber dabei im Blick haben:
- Strategisches Management: Gibt es klare Ziele für das Büro insgesamt? Wie oft werden diese angepasst, wie werden sie den Mitarbeitern kommuniziert?
- Operatives Management: Wer koordiniert die Abläufe im Büro, verteilt Aufgaben und kontrolliert Ergebnisse?
- Akquise: Wer kümmert sich um neue Aufträge? Geschieht dies regelmäßig und systematisch?
- Projektarbeit: Gibt es einheitliche Standards, in die sich auch neue Kollegen schnell einarbeiten können (Ablagesystematik, Anforderungskataloge, Vorlagen etc.)?
- Rechnungswesen und Buchhaltung: Könnte eine (bessere) Software hier für Entlastung sorgen?
- Controlling: Wissen wir, welche Projekte sich rechnen und welche nicht? Welche Informationen fehlen dafür oder sind nur aufwändig zu ermitteln?
- Personalwesen: Wie werden Personalsuche, Verträge, Urlaubsplanung, Fortbildungen etc. abgewickelt?
- Versicherungen: Hat jemand im Blick, ob die Berufshaftpflichtversicherung noch up-to-date und die Deckungssumme ausreichend ist?
- IT-Betreuung: Wer ist zuständig und hat einen Überblick, wer kann im Notfall „Erste Hilfe“ leisten?
- Außerdem: Wie laufen Terminmanagement, Öffentlichkeitsarbeit, VgV-Verfahren usw.?
Voraussetzungen für eine gute Büroorganisation
Um Termine einzuhalten und eine hohe Planungsqualität sicherzustellen, benötigt jedes Ingenieur- oder Architekturbüro gewisse Standards und klare Strukturen. Dies gilt nicht nur innerhalb der Projekte, sondern für alle oben genannten Bereiche. Projektplaner sollten möglichst frei von Verwaltungsaufgaben sein, um sich auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren zu können. Für administrative Aufgaben sollte es feste Verantwortliche geben (inkl. Vertretungsregelung). Dies reduziert den Abstimmungsbedarf und sorgt für Routine – die Arbeit wird schneller und mit weniger Fehlern erledigt.
Bei vielen Aufgaben kann eine passende Software Architekten und Ingenieure bzw. ihre Support-Mitarbeiter unterstützen. Für kleinere Büros reichten oftmals kostenlose Basis- oder OpenSource-Programme. Auf den Prüfstand gehören insbesondere die bisherigen Lösungen für Dokumentenmanagement, Angebot- und Rechnungsstellung sowie projektbezogene Zeiterfassung. Wo keine Software nottut, können Checklisten oder Vorlagen für mehr Effizienz sorgen.
Im Gegensatz zur Verwaltung ist in der Projektarbeit mehr Flexibilität gefragt. Zu starre Teamstrukturen führen bei schwankenden Aufwänden schnell zur Überlastung einzelner Mitarbeiter – und damit häufiger zu Fehlern und Frust. Die Personal- und Aufgabenplanung ist eine zentrale Managementaufgabe, die für den Verantwortlichen Priorität besitzen sollte. Viele Ingenieur- und Architektenkammern bieten auch Beratung zu Büroführung und Projektorganisation an, wovon insbesondere junge Büros profitieren können.
Konkrete Maßnahmen
Welche Änderungen notwendig sind, hängt in erster Linie von den Ergebnissen der Bestandsaufnahme ab. Es empfiehlt sich, nicht gleich einen Rundumschlag vorzunehmen, sondern die drängendsten Themen zuerst anzugehen und den Rest erst einmal wie gewohnt weiterzuführen. Wichtige Standards für Ingenieur- und Architekturbüros wären:
- Schriftlich formulierte Ziele: Wohin soll sich unser Büro entwickeln? Dies sollten alle Planer bei ihrer alltäglichen Arbeit im Hinterkopf behalten.
- Regelmäßige, aber zeitlich begrenzte Besprechungen: Dazu gehören nicht nur Meetings zu Projektständen, sondern auch Mitarbeitergespräche.
- Standards für die Projektabwicklung: Gerade in Büros mit hoher Fluktuation ist ein Projekt- bzw. Organisationshandbuch wichtig, um alle Projekte möglichst einheitlich zu führen. In größeren Büros ist eine Wissensdatenbank hilfreich, um schnell an benötigte Informationen zu gelangen.
- Vorlagen: Für wiederkehrende Dokumente (Protokolle, Angebote, Rechnungen, Arbeitszeugnisse etc.) sollten Vorlagen übersichtlich abgelegt, genutzt und gelegentlich aufgeräumt werden.
- Controlling: Um Qualität und Wirtschaftlichkeit der eigenen Arbeit erfassen zu können, sind Kundenzufriedenheitsgespräche, Zeiterfassung, Bürokostenerfassung, Budgetierung etc. notwendig. Wie hoch sind die Gemeinkosten des Büros? Welcher Bürostundensatz ist angemessen? Wie viel Arbeitszeit darf die verschiedenen Leistungsphasen eines Projekts fließen, damit es sich am Ende rechnet?
- Externe Unterstützung oder Zertifizierung: In wichtigen Bereichen, in denen das eigene Fachwissen nicht ausreicht, lohnt es es sich, Expertise von außen einzuholen – etwa durch einen Steuerberater und einen Versicherungsmakler. Wer ein gutes Qualitätsmanagement auch für die Außendarstellung nutzen möchte, sollte eine Zertifizierung in Erwägung ziehen, zum Beispiel nach DIN EN ISO 9001:2015 oder durch den QM-Standard Planer am Bau.
Idealerweise kümmert sich ein Büromanager / Büroleiter federführend darum und hält nach, ob beschlossene Änderungen umgesetzt wurden und wie sie funktionieren.
Fazit
Erfolgreiche Büros formulieren klare Ziele und kontrollieren, inwieweit sie diese auch erreichen. Ähnlich, wie jedem Bauvorhaben eine solide Planung vorausgehen muss, sollte auch die Planung geplant werden. So lassen sich Fehler, aufwändige Nacharbeiten und Verzögerungen vermeiden. Gleiches gilt für die Organisation des Büros insgesamt: Wer der Projektarbeit ausreichend Zeit verschaffen will, muss das Drumherum gut organisieren.