Nimmt ein IT-Dienstleister einen Auftrag an, sollte er möglichst immer einen schriftlichen Vertrag mit seinem Kunden schließen. Doch welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten bei Aufträgen an Freelancer und IT-Unternehmen? Handelt es sich um einen Werkvertrag oder einen Dienstvertrag? Die Antwort ist auf diese Frage ist entscheidend, denn sie bestimmt maßgeblich die Rechte und Pflichten des IT-Experten.
Der Werkvertrag: zum Erfolg verpflichtet
IT-Projekte sind in der Regel Werkverträge – auch dann, wenn sie nicht als solche betitelt sind. Mit einem Werkvertrag schuldet der IT-Experte seinem Auftraggeber einen vereinbarten Erfolg, zum Beispiel eine individuell programmierte Software.
Die Projektverantwortung liegt im Fall eines Werkvertrags beim beauftragten IT-Unternehmen oder Freiberufler. Ist der IT-Experte auf das Mitwirken seines Kunden angewiesen (z.B. auf die Bereitstellung von Arbeitsmaterialien, Use-Cases oder Test-Szenarien), sollte er dies vertraglich regeln.
Im Vertrag oder im Pflichtenheft sollte zudem unbedingt festgehalten werden, wann der Auftrag als erfolgreich abgeschlossen gilt: Welche Eigenschaften muss das „Werk“ haben, und wie erfolgt die Abnahme? Denn in der Regel wird erst mit der Abnahme das Honorar fällig.
Der Dienstvertrag: bestmöglich tätig werden
Bei einem Dienstvertrag schuldet der Auftragnehmer keinen Erfolg, sondern lediglich bestimmte Tätigkeiten. Grund hierfür ist meistens, dass er gar kein bestimmtes Ergebnis garantieren kann, etwa wenn er ausschließlich Projektmanagement- und Beratungsleistungen erbringt, Mitarbeiter schult oder an der Erstellung einer Website mitwirkt, aber nicht die Gesamtverantwortung hierfür trägt.
Wirkt ein IT-Experte im Rahmen eines Dienstvertrags bei einem Projekt mit, liegt die Projektleitung beim Auftraggeber. Die Bezahlung erfolgt unabhängig von den Arbeitsergebnissen, in der Regel nach bestimmten Zeitintervallen (z.B. monatlich). Die Tätigkeit ist also einem Angestelltenverhältnis deutlich ähnlicher als ein Werkvertrag, weshalb sich IT-Freiberufler des Risikos der Scheinselbständigkeit besonders bewusst sein sollten.
Sie wissen nun ungefähr, wann es sich bei einem Auftrag um einen Werkvertrag handelt und wann um einen Dienstvertrag. Welche rechtlichen Folgen hat diese Unterscheidung nun? Wichtige Unterschiede bestehen im Kündigungsrecht und in der Haftung.
Unterschiede im Kündigungsrecht
WERKVERTRAG: Beim Werkvertrag ist das Kündigungsrecht sehr ungleich: Der Arbeitgeber darf den Auftrag jederzeit gegen eine Abstandszahlung kündigen. Diese umfasst in der Regel die Kosten für die bereits erbrachte Teilleistung sowie 5 Prozent der restlichen vereinbarten Vergütung. Der Freelancer bzw. das beauftragte Unternehmen kann den Werkvertrag nur aus wichtigem Grund kündigen, zum Beispiel wenn der Auftraggeber trotz Fristsetzung seine Mitwirkungspflichten nicht erfüllt.
DIENSTVERTRAG: Beim Dienstvertrag gelten meist für beide Parteien die gleichen Kündigungsrechte. Bei einer festen Projektlaufzeit kann er nur aus wichtigem Grund gekündigt werden oder wenn der Vertrag besondere Kündigungsmöglichkeiten vorsieht. Ist die Laufzeit des Dienstvertrags offen, gilt eine Kündigungsfrist – bei monatlicher Bezahlung beträgt sie in der Regel einen Monat.
Nachbesserung und Schadensersatz: Was ein Freiberufler wann leisten muss
WERKVERTRAG: Bei einem Werkvertrag muss der IT-Experte nachweisen, dass sein Werk mangelfrei ist. Erst dann ist der Auftraggeber verpflichtet, es abzunehmen und zu bezahlen. Mit der Abnahme beginnt auch die Verjährungsfrist für Mängelhaftung (in der Regel 2 Jahre). Liegt ein Mangel vor, kann der Kunde eine Nachbesserung verlangen. Dabei ist es unerheblich, ob der Freelancer den Mangel selbst verschuldet hat – er hat einen Erfolg versprochen und muss ihn daher liefern. Scheitert die Nacherfüllung, hat der Kunde das Recht, den Mangel selbst beseitigen zu lassen und die Kosten hierfür dem Freiberufler in Rechnung zu stellen. Alternativ kann er vom Vertrag zurücktreten – für den IT-Experten eine Katastrophe, denn er verliert damit sämtliche Honoraransprüche und bleibt auf seinen Kosten sitzen.
DIENSTVERTRAG: Wurde der IT-Freiberufler über einen Dienstvertrag beauftragt, schuldet er keinen konkreten Erfolg. Auch wenn der Kunde mit seiner Arbeit unzufrieden ist, muss er den Freelancer bezahlen. Der Freiberufler haftet jedoch bei Pflichtverletzungen, etwa wenn er vertraglich vereinbarte Fristen nicht eingehalten oder seinen Kunden nachweislich falsch beraten hat. Dann drohen hohe Schadensersatzforderungen. Die Verjährungsfrist beträgt bei Dienstverträgen bis zu 10 Jahre.
Unabhängig von der Vertragsart haften IT-Unternehmen und Freelancer zudem für alle Schäden, die sie bei Dritten verursachen – etwa wenn sie versehentlich einen Systemabsturz herbeiführen, Daten löschen oder Hardware beschädigen. Auch die Verletzung von vertraglichen Pflichten (z.B. Geheimhaltungs- oder Datenschutzvereinbarungen) oder Rechtsverletzungen (z.B. Verstoß gegen das Urheberrecht) können zu hohen Schadensersatzforderungen gegen Sie führen. Eine IT-Haftpflichtversicherung gehört daher zur Grundausstattung eines jeden selbständigen IT-Experten. Die Versicherung schützt Sie auch vor unberechtigten Forderungen und vertritt Ihre Interessen zur Not vor Gericht.
Praxistipps
- Bezeichnen Sie einen Werkvertrag nicht fälschlicherweise als Dienstvertrag – das nützt Ihnen im Zweifel vor Gericht wenig. Was tatsächlich vorliegt, hängt vom jeweiligen Vertragsgegenstand ab.
- Vermeiden Sie die Zusage fester Termine und formulieren Sie stattdessen weiche Meilensteine („ein Monat nach Fertigstellung von …“). Lassen Sie keine Vertragsstrafe an den Verzug knüpfen.
- Begrenzen Sie Ihre Haftung für einfache Fahrlässigkeit auf die Versicherungssumme (Deckungssumme) Ihrer IT-Haftpflichtversicherung.